Nackter Atommüll für Zwischenlager Ahaus

Das atomare Zwischenlager in Ahaus möchte mehr Strahlungsmüll als bisher lagern. 116 Tonnen mittelmäßig strahlendes Material und alte Kraftwerksteile wurden beantragt. Über mögliche Gefahren wird noch nicht informiert

DÜSSELDORF taz ■ Strahlungsmüll für das Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus (BZA) könnte bald ohne große Schutzvorkehrungen durch das Land gefahren werden. Nach einer Anfrage der Unabhängigen Wählergruppe im Ahauser Stadtrat gab die zuständige Bezirksregierung in Münster bekannt, dass eine von der BZA beantragte Einlagerung auch „unverpackte bzw. in Folie verpackte“ verstrahlte Anlagenteile enthalten soll. Am 20. Dezember hatte das BZA die Aufbewahrung von 116 Tonnen mittelstark strahlenden Abfalls beim Bundesamt für Strahlenschutz beantragt, der ab 2011 aus der „ausländischen Wiederaufarbeitung“ kommen soll. Der Antrag für die Lagerung verstrahlter Anlagenteile wurde bereits Ende Oktober gestellt. Das Material soll von stillgelegten deutschen AKWs geliefert werden.

„Absolut unvorstellbar“ findet Matthias Eickhoff, Sprecher der Gruppe für sofortigen Atomausstieg (SOFA), den Antrag. Abgesehen von einem womöglich zu geringen Schutz der Umwelt gegen die Strahlung durch die ungeschützten Anlagenteile sei „überhaupt nicht klar, ob die beantragten Arten von Atommüll sicher neben den bisherigen gelagert werden können“. Auch Sigrun Rittich, die Sprecherin der Bezirksregierung, sagt, dass die „technischen Details noch nicht geklärt“ seien. Bekannt sei, dass das BZA außer Stahlteilen aus Kraftwerken auch kontaminierte Wäsche und Putzlappen lagern möchte. Wie die Entscheidung über die Anträge ausfällt, lasse sich „noch nicht einschätzen“.

Ob die radioaktiven Anlagenteile überhaupt gefahrlos befördert werden können, muss erst geprüft werden. Das hängt von deren Strahlungsintensität und ihrer Vorgeschichte ab. Wenn etwa Leitungsrohre aus Kraftwerken oberflächlich kontaminiert wurden, können sie gefährlicher für die Umwelt sein, als wenn sie innerlich verstrahlt sind, weil so die schädlichen Teilchen leichter in die Umgebung entweichen können. Oliver Kosbadt, Beförderungsexperte des Fachverbands Strahlenschutz, erklärt zwar, dass solches Material bei geringer Strahlenbelastung nicht gefährlicher ist als Brennstäbe in Sicherheitsbehältern. „Unverpackt darf aber nur geringfügig strahlendes Material transportiert werden.“

Dass bisher kaum Informationen herausgegeben werden, gehört laut der UWG in Ahaus zum Programm. „Die haben sehr ausweichend auf unsere Anfrage geantwortet, weshalb wir jetzt eine neue gestellt haben“, sagt Fraktionsvorsitzender Dieter Homann. Gefragt wurde darin etwa nach den voraussichtlichen Strahlenbelastungen. Eine Antwort aus Münster lag bis gestern nicht vor. Sprecherin Sigrun Rittich begründet die spärlichen Auskünfte mit dem langwierigen Verfahren solcher Anträge.

SOFA-Sprecher Eickhoff warnt trotz der Unklarheiten vor einer Zustimmung durch den Bezirk und das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Lagerhalle in Ahaus sei veraltet. Der Antrag für einen Neubau wurde Mitte der 90er Jahre zurückgezogen. „Die alte Halle hat geringere Sicherheitsstandards als der ursprünglich geplante Neubau. Eine sichere Lagerung ist nicht möglich“, so Eickhoff. BZA-Sprecher Michael Ziegler kann darüber nur lachen. „Das Alter der Halle spielt keine Rolle, eher ihre Beschaffenheit.“

Die letzte Lieferung kam im Juni letzten Jahres aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden. Gegen solche Transporte hatte es in den vergangenen Jahren Demonstrationen gegeben. Bürgerinitiativen vor Ort fordern eine grundsätzlich neue Genehmigung für das Zwischenlager, an deren Ende eine Schließung stehen solle. MORITZ SCHRÖDER