Alle lieben den Kontaktbereichsbeamten

Politiker aller Parteien loben den Vorschlag von Polizeipräsident Dieter Glietsch, den niedrigschwelligen Kontakt zwischen der Polizei und Bevölkerung vor allem in Problemkiezen wieder zu verstärken. Sie hoffen, dass damit Konflikte vermieden werden

von WALTRAUD SCHWAB

Politiker aller Parteien sind für eine Renaissance des Kontaktbereichsbeamten – jenes Polizisten, der in direktem Kontakt zu den Bewohnern und Bewohnerinnen eines Abschnitts steht und früher „Kob“ genannt wurde. Allerdings soll der Neo-Kob modern daher kommen. Zurück zu jener den Karrikaturisten ausgiebig Futter liefernden Figur aus den 70er-, 80er- und 90er-Jahren will niemand. „Der Kob ist dick und doof und schleicht durch unseren Hof“, heißt es in einem Seyfried-Comic.

Die Diskussion um den Kontaktbereichsbeamten wurde durch ein taz-Interview mit Polizeipräsident Dieter Glietsch angestoßen. Darin schlägt der oberste Dienstherr der Polizei vor, dass die „Dienstgruppenbeamten der Abschnitte ähnliche Verantwortung übernehmen, wie der Kob sie früher hatte.“ Jedem Mitarbeiter solle eine persönliche Zuständigkeit für bestimmte Straßenzüge zugewiesen werden. Der Polizist solle mit den Anwohnern und Gewerbetreibenden sprechen, um Fehleinschätzungen, wie sie bei einem Einsatz im Wrangelkiez im November passierten, zu vermeiden. Damals hatten sich Polizeibeamte von mehreren Dutzend Umstehenden bedroht gefühlt, als sie zwei Zwölfjährige türkischer Herkunft festnehmen wollten. Wäre der Kontakt zwischen der Polizei und dem Kiez auf einer niedrigschwelligen Ebene etabliert gewesen, wäre der Konflikt nicht ausgeufert, so Glietschs Hoffnung.

Die Einschätzung des Polizeipräsidenten teilen parteiübergreifend alle für das Thema Inneres zuständigen Politiker des Abgeordnetenhauses. Volker Ratzmann von den Grünen verweist gar auf das Programm seiner Partei. Dort steht ganz doppeldeutig: „Mehr Grün auf Berlins Straßen.“ Wenn man Prävention ernst nehme, so Ratzmann, dann müsse man im Vorfeld dafür sorgen, dass Konflikte nicht hochkochen. Dafür müsse die Polizei Vertrauen und Akzeptanz in den Abschnitten genießen. Als Ansprechpartner und Mediatoren, nicht als Schnüffler können Polizisten Vertrauen herstellen. Dass ihnen dabei auch Aufgaben eines Sozialarbeiters zukommen könnten, stört Ratzmann nicht. „Wenn die Polizei mehr Sozialarbeit machen würde, wäre es gut; wenn die Sozialarbeit verpolizeilicht wird, ist es schlecht.“

Der Abgeordnete Björn Jotzo (FDP) mahnt in diesem Zusammenhang zu Recht an, dass nicht nur die Polizei gefragt sein kann, wenn es um die Verbesserung der Situation vor allem in den Problemkiezen geht. Auch die integrationspolitischen Ansätze des Senats müssten verbessert werden. Die Leute begreifen mitunter den Staat, die Rechtsordnung und Polizei als Gegner, weil sie umgekehrt auch keine echten Chancen auf gesellschaftliche Integration haben, so Jotzo.

Das große Fragezeichen der begrüßenswerten Idee von Glietsch ist allerdings die Umsetzung. Denn ob dies ohne zusätzliche Stellen zu leisten ist, bezweifelt selbst Thomas Kleineidam von der SPD. Wenn Glietsch trotzdem Möglichkeiten sieht, „die örtlichen Bezüge der Polizei zur Bevölkerung zu stärken, dann möchte ich das Konzept im Innenausschuss diskutieren“.

Einzig die CDU bringt noch etwas Polemik in die Diskussion: Glietschs Vorstoß sei „ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns“, so Frank Henkel. Ansonsten sei die Wiedereinführung des Kobs vorbehaltlos zu unterstützen.