eu-ausschreibungen
: Gut gegen Korrumpeln

Wenn Kommunen vor zu viel Regelungswut warnen, weil sie ganz gerne alles selbst regeln möchten, hat das nicht nur etwas Absurdes, es müssten auch Alarmglocken scheppern. Denn ihre im alten Jahr formulierten Erwartungen an die deutsche Präsidentschaft in der Europäischen Union hat schon erste Früchte getragen. Die Verkehrsminister der Mitgliedsstaaten wollen eine Ausnahme machen: Kommunale Verkehrsverbünde müssen ihre Strecken nicht mehr europäisch ausschreiben. Was da vermutlich auf französischen Druck hin geschehen ist, ist ein dramatischer Rückfall. Denn trotz allem Aufwand, ist die Ausschreibepflicht – auch europaweit – ein sinnvolles, notwendiges und heilsames Instrument, das gegen kommunalen Filz und gegen Korruption höchst erfolgreich war und ist.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Auch wenn jetzt die großen Verkehrsverbünde in NRW weiter ausschreiben wollen, es ist nur noch eine Kann-Bestimmung. Die EU – die nach den gescheiterten Verfassungsreferenden wenigstens weiter für Chancengleichheit im Wettbewerb sorgen sollte – verliert so eine Trumpfkarte gegen politische Systeme aus Kungelei, Protektionismus und Provinzialität.

Man mag entgegnen, dass der Aufwand zu groß sei, weil sich ja doch nie ein Anbieter aus Lissabon oder Bukarest finde, der tatsächlich eine Strecke im Münsterland bedienen will. Doch greift das viel zu kurz: Dass heute etwa die Prignitzer-Eisenbahn zwischen Dorsten und Duisburg verkehrt, dass die Abellio aus Essen pünktlich durchs Ruhrgebiet zuckelt und zeigt, dass es dafür keine Hightechzüge braucht – ohne europaweite Ausschreibepflicht und die Drohung einer brachialen Liberalisierung der Regionalschiene wäre es dazu nie gekommen. Nur Druck aus Brüssel brachte frischen Wind in die Nahverkehrsszene, den diese so dringend benötigt. Denn sonst würde einer kaum noch am Nahverkehr interessierten DB das Feld überlassen – und damit Streckenausdünnungen, Qualitätsverlust und Bummelei bei hohen Preisen.