Rudi trotzt dem Regen

Wahlkampfstart am Samstag: Die Grünen warben auch in Friedrichshain für die Umbenennung der Kreuzberger Kochstraße. Trotz des schlechten Wetters ziehen die Bezirkspolitiker eine gute Bilanz

VON NANA GERRITZEN

Bei so einem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür. Schon gar nicht an die Warschauer Straße. Es ist grau, es ist laut, und selbst wer zweieinhalb Meter vom Straßenrand entfernt steht, ist noch in Gefahr, vom Spritzwasser der vorbeifahrenden Autos getroffen zu werden. Und trotzdem hat genau hier am Samstag der Friedrichshainer Wahlkampf für die Rudi-Dutschke-Straße begonnen.

Um bis zum Bürgerentscheid am 21. Januar noch viele Wähler zu mobilisieren, haben die Grünen hier und an diversen Standorten in Kreuzberg Informationsstände aufgebaut.

In strömendem Regen stehen vor dem Kaiser’s Supermarkt an der Ecke Revaler Straße ein Schirm der Grünen, ein kleiner Klapptisch mit einer völlig durchnässten blauen Decke, einige Kisten mit regengewellten Flyern und ein Rudi-Dutschke-Plakat. Weniger ist mehr, Sparsamkeit ist Programm. Dafür wird auch direkt hinter dem Mini-Aktionsstand geworben: „Geiz bleibt geil – geiz ist geil“ heißt es auf dem Plakat eines Elektronik-Discounters.

Die drei Standbetreuer scheinen guter Laune zu sein. Wenn man ihnen zusieht, fragt man sich, warum. „Nee, ick hab keenen Bock“, sagt eine Frau, die gerade einen Flyer abgelehnt hat. Die Passanten, meist Kunden auf dem Weg zum Supermarkt, haben die Hände voller Einkaufstüten und heben zum Teil nicht mal den Kopf. Trotzdem sieht Boris Jarosch die Aktion als gelungen an. „Es ist ein überraschend guter Auftakt, die Menschen sind insgesamt viel informierter, als ich erwartet hätte“, so das Mitglied des Grünen-Bezirksvorstands.

Außerdem sei es schön, als Grüner in Friedrichshain-Kreuzberg auf der Straße zu stehen. „Da kriegt man immer gute Resonanz.“ Dass er hier nicht gerade dem politisch interessiertesten Publikum entgegentritt, sieht er nicht als Problem, sondern als Herausforderung. „Der Boxhagener Platz ist ja eigentlich ein Selbstläufer, hier muss man noch richtig Überzeugungsarbeit leisten“, so der Friedrichshainer. Die Motivation, sich an dem Wahlkampf zu beteiligen, ist für ihn klar: Die Grünen seien für mehr Mitspracherecht und direkte Demokratie. „Sonst wird ja immer kritisiert, dass Wähler nur alle paar Jahre mitreden dürfen, eine Straßenumbenennung ist etwas, das die Menschen direkt betrifft.“

Außerdem sei es positiv, bei der Arbeit an Informationsständen direktes Feedback zu bekommen. Und das bekommt er auch. Ein Passant, selbst Grünen-Mitglied, nimmt dankend einen Infozettel und wünscht noch viel Erfolg. Ein älteres Ehepaar geht bösen Blickes an dem Stand vorbei. Dass es bei dem angebotenen Flyer um die bevorstehende Straßenumbenennung geht, haben sie nicht gemerkt. „Wir sind generell gegen diese Partei der Grünen“, sagt der Mann über sich und seine Frau. „Die haben noch nie was Gutes für uns getan.“ Anders sieht das die 26-jährige Judith. Sie hat zwar keine Zeit, sich an Ort und Stelle zu informieren, bezeichnet sich aber als politisch interessiert. „Ich habe die Wahlbenachrichtigung schon zu Hause und werde höchstwahrscheinlich auch wählen gehen“, sagt sie.

Nach zwei Stunden im Regen sind alle durchnässt und frieren. 300 Flyer wurden verteilt, eine gute Bilanz. Jarosch will an den nächsten beiden Wochenenden wieder Stände betreuen. „Wahlkampf macht Spaß“, so der Grüne. Der Befragung sieht er optimistisch entgegen. Auch seine Kollegen, Marianne Burkert-Eulitz und Manuel Sahib, beide von der Bezirksverordnetenversammlung, wollen in den kommenden Wochen wieder dabei sein. „Dann aber mit heißem Kaffee oder Tee“, sagt Sahib.