„Ich will das Deutsche Theater prägen“

Nach zehn Jahren als Intendant des Hamburger Thalia-Theaters übernimmt Ulrich Khuon ab 2009 das DT. Eine Herausforderung, denn in Berlin sei die Konkurrenz der Theater härter, weil vielfältiger, als an der Alster

taz: Herr Khuon, welche Facetten, die in Hamburg verkümmerten, werden Sie am Deutschen Theater in Berlin ausleben können?

Ulrich Khuon: Es ging mir weniger um diese Alternative als darum, wohin ich mich nach zehn Jahren an einem Theater in einer Stadt orientieren würde. Die Lebenserfahrung hat gezeigt, dass es klug ist, sich nach einer gewissen Zeit noch einmal neu zu erfinden und mit einem Team ein weiteres Theater zu prägen.

Wie wollen Sie Berlin prägen?

Ich setze da in erster Linie auf Fremdheit. Im so genannten Ost-West-Konflikt habe ich zum Beispiel wenig Kompetenzen. Da ist ein Regisseur wie Andreas Kriegenburg viel kompetenter als ich. Deshalb würde ich ihn auch gern vom Thalia nach Berlin mitnehmen. Das wäre eine echte Chance, sich gegenseitig neu herauszufordern.

Will Kriegenburg denn mitgehen?

Ja. Ich habe ihn jedenfalls gefragt, und er hat Ja gesagt. Falls er natürlich – was ja möglich wäre – die Chance bekommt, Thalia-Intendant zu werden, werde ich ihn nicht davon abhalten. Aber ich fände es schade. Auch den Thalia-Regisseur Stefan Kimmig würde ich gern mitnehmen. Er ist nicht abgeneigt.

Haben Sie schon Konzepte für Berlin?

Noch nicht. Ich glaube auch nicht, dass es hier um ein mit Schlagworten umreißbares Konzept gehen kann. Wichtig finde ich das Thema Regiehandschriften, auch wenn das Regietheater in der aktuellen Diskussion oft verteufelt wird. Es ist trotz allem eine Qualität und muss behauptet werden. Außerdem geht um eine größtmögliche Realitätsverhaftetheit. Um den Einspruch, den man der Gesellschaft gegenüber formulieren muss. Und natürlich um Ensemblebindung. Denn das muss neu geformt werden – eine große Aufgabe.

DT-Intendant Bernd Wilms hat seine Spielzeiten mit Motti überschrieben. Werden Sie das beibehalten?

Durchaus. Wir haben das am Thalia ja jetzt erstmals auch gemacht – zum Thema: „Was hält die Gesellschaft zusammen?“ Solche Überschriften können schon eine Art Selbstermunterung sein. Sie machen einen disziplinierter.

Werden Sie die Autorentheatertage nach Berlin mitnehmen?

Ich täte es gern. Und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat versprochen, sich um Geld dafür zu bemühen.

Sind mit Ihrem Berliner Vertrag Forderungen in puncto Einsparungen und Platzauslastung verbunden?

Nein, das ist nicht so formuliert.

Was glauben Sie: Ist die Berliner Theaterkonkurrenz härter als die Hamburger?

In Berlin gibt es sehr viele hochkarätige Theater, während die Szene in Hamburg überschaubar ist und gut sortiert. Insofern ist die Situation in Berlin sicherlich härter, weil sie vielfältiger ist.

Ihr Sohn Alexander ist Schauspieler am Deutschen Theater. Ist das ein Handicap?

Wir haben uns bisher getrennt bewegt, was ich auch richtig fand. Jetzt ist es natürlich ein bisschen skurril, dass ich als sein Vater an das Haus komme, an dem er schon ist. Er hat mir nicht abgeraten. Daher müssen wir jetzt mal sehen, wie wir das regeln. Es wär unsinnig zu sagen, dann kann er da nicht mehr arbeiten. Das würde die Dinge auf den Kopf stellen. Und persönlich freut man sich einerseits, wieder näher beisammen zu sein, weil wir ein gutes Verhältnis haben. Was ihn als Ensemblemitglied angeht, werde ich versuchen, mich herauszuhalten und andere das Mischungsverhältnis bestimmen zu lassen.

INTERVIEW: PETRA SCHELLEN