Airport Tempelhof nervt weiter

Airlines lehnen einen Vergleich des Gerichts über Stilllegung des Flughafens ab. Der Senat will ihn freiwillig bis Herbst 2008 offenhalten. Oberverwaltungsgericht will Ende Januar entscheiden

VON ULRICH SCHULTE

Es ist eine gute Nachricht für die lokale Bohnerwachswirtschaft: Der Flughafen Tempelhof bleibt ein Jahr länger geöffnet. Und mit ihm die riesige Linoleumfläche in der Abflughalle, in der sich ab und zu noch ein Reisender spiegelt. Die Verkehrsverwaltung werde den Schließungsbescheid für den traditionsreichen Airport ändern und ihn erst Ende Oktober 2008 stilllegen, teilte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern mit. Ursprünglich wollte der Senat ihn schon ein Jahr früher einmotten.

Mit der Ankündigung, die sich bereits in den vergangenen Wochen angedeutet hatte, greift der Senat einen Kompromissvorschlag des Oberverwaltungsgerichts (OVG) auf. Damit ist der juristische Hickhack um die Schließung aber nicht zu Ende. Denn der Versuch, mit einem Vergleich zwischen 13 klagenden Airlines und Senat und Flughafengesellschaft zu vermitteln, ist gescheitert. Nur drei Fluglinien hätten dem Vorschlag zugestimmt, teilte das Gericht gestern kurz nach Ende der gesetzten Frist mit.

Die anderen Unternehmen, alle im Geschäftsflugverkehr tätig, beharren auf dem Weiterbetrieb Tempelhofs. Ihren Betrieb wollte das Gericht auf den Flughafen Schönefeld verlegen. Thomas Stillmann, Chef der Windrose Air, fürchtet Wettbewerbsnachteile, wenn seine Businessjets dort starten müssten. „Ein Geschäftsmann braucht 40 Minuten, um nach Schönefeld rauszufahren. Der fliegt dann eher ab Tegel nach Mailand.“ Der Vergleich folge ausschließlich dem politischen Willen und den wirtschaftlichen Interessen des Senats, sagt Stillmann.

Landesregierung und Flughafengesellschaft nutzen jetzt ein Angebot des Gerichts. Sie erfüllen mit der einjährigen Gnadenfrist für Tempelhof ihren Teil des Vergleichs trotz des Vetos einiger Airlines. Junge-Reyer will dem Gericht die Änderung des Schließungsbeschlusses bis Freitag offiziell mitteilen. Das Gericht wird nun Ende Januar mündlich neu verhandeln, um dann flott zu entscheiden, hatte Richter Jürgen Kipp zuvor angekündigt.

Prozessbeobachter halten es für wahrscheinlich, dass das Gericht dann den Schließungstermin Herbst 2008 bestätigt. Kipp hatte deutlich gemacht, dass ein Weiterbetrieb Tempelhofs nach Inbetriebnahme des Großflughafens Schönefeld 2011 nicht in Frage käme. Er hatte zudem betont, dass für alle Beteiligten ein Rechtsfrieden in der Sache nötig sei. Gegen das OVG-Urteil könnte die Klägergemeinschaft um Windrose Air Rechtsmittel einlegen – und vors Bundesverwaltungsgericht ziehen. Die Entscheidung darüber werde man noch abstimmen, so Stillmann. In der letzten Instanz hätte der Senat einen Vorteil: Mit der Gnadenfrist ist er bereits auf die Airlines zugegangen.