Jauch will nicht exklusiv sein

RTL-Moderator Günther Jauch wird in der ARD keinen Polittalk übernehmen. Denn als Nachfolger von Sabine Christiansen hätte er die RTL-Shows aufgeben müssen. Gut für die ARD: Denn andere Nachfolger sind längst im Gespräch

VON STEFFEN GRIMBERG

Es war ein guter Tag für die ARD: Gestern hat Günther Jauch abgesagt. Er wird nicht als Nachfolger von Sabine Christiansen den sonntäglichen Polit-Talk im Ersten moderieren. Da die ARD darauf gedrungen habe, er solle „journalistisch exklusiv“ im Ersten tätig sein und noch eine weitere Sendung übernehmen, zog der RTL-Moderator zurück: „Ich wollte keine Zusagen über den Sonntagabend hinaus geben“, sagte Jauch der dpa. Über seine in der ARD stets umstrittenen Werbeverträge (SKL-Lotterie, Krombacher Bier, Telekom) hatte man zwar offenbar Einigung erzielen können – Jauch wollte sie überwiegend ruhen lassen. Aber für die ARD sein Engagement bei RTL ruhen zu lassen („Wer wird Millionär?“, „stern tv“), das ging dann doch zu weit.

In der ARD übt man sich im großen Bedauern: Jauch habe schließlich seine Wurzeln in der ARD. „Ich würde mich freuen, wenn damit das Tischtuch zwischen ihm und der ARD nicht endgültig zerschnitten wäre“, so der neue ARD-Vorsitzende Fritz Raff. Doch so manche der gestern vergossenen Tränen waren Marke Krokodil. Sogar einen Nachfolger für Christiansen wie Jauch gibt es längst: Er heißt Frank Plasberg (siehe Kasten) und moderiert beim WDR das wohl mit Abstand erfolgreichste Politformat der Dritten, „Hart aber Fair“.

Plasberg am ARD-Sonntagabend wäre ein echter Gewinn, schließlich beweist sein Talk, dass Qualität, Hintergründigkeit und eben auch Unterhaltung nicht ewige Widersprüche sein müssen. Der ehemalige WDR-Intendant Friedrich Nowottny sieht in Plasberg die „überzeugende Lösung“ (siehe Interview), auch SWR-Intendant Peter Voß sagte gestern, Plasberg „passe bestens zwischen den ‚Tatort‘ und die ‚Tagesthemen‘“. Doch beim Marsch vom WDR ins Erste ist Plasberg schon einmal ausgebremst worden. Und zwar vor allem von dem Sender, der jetzt federführend für die Jauch-Anwerbung war – dem NDR.

Denn in Hamburg, heißt es in ARD-Kreisen, habe man zwar nichts gegen Plasberg persönlich. Aber dass der WDR sich gegen den NDR am Sonntagabend im ersten Programm breitmache, ginge dann doch zu weit. Auch Sabine Christiansen kam 1998 schließlich von den beim NDR angedockten „Tagesthemen“.

Entsprechend pampig fiel gestern auch dessen Reaktion aus: Er bedauere Jauchs Entschluss „außerordentlich“, sagte NDR-Intendant Jobst Plog. „Wir haben uns in den Vertragsverhandlungen mit ihm auf ein Ergebnis verständigt, das den ursprünglichen Forderungen der ARD entsprach.“ Die Intendanten der ARD hätten dieses Ergebnis auch „einmütig akzeptiert“. Doch nun sei dieser Vertragsschluss „durch eine Reihe von Indiskretionen und Nachforderungen“ einiger ARD-Anstalten „gefährdet“ worden, so Plog. Das ist ziemlich deutlich im sonst so diplomatisch-verquast formulierenden Männerbund namens ARD. Und zielt gegen eine Frau – die eben erst gewählte WDR-Intendantin Monika Piel. Sie hatte den Mut, die auch bei diversen anderen ARD-Hierarchen weiterhin vorhandenen Bedenken in Sachen Jauch ins Praktische zu wenden. Denn dass ein prominentes TV-Gesicht wie Jauch ohne Verlust der journalistischen Glaubwürdigkeit gleichzeitig zwei Herren – RTL und der ARD – dienen kann, war bis zuletzt umstritten. „Entweder ist einer bei uns oder den Kommerziellen“, hatte Piel im Interview mit der Zeit vor zwei Wochen die Latte für Jauch in, wie sich jetzt zeigt, unerreichbare Höhen gelegt.

Der NDR dürfte sich aber nicht so leicht geschlagen geben: Anstaltschef Plog sorgt sich bereits, „ob es der ARD in Zukunft noch gelingen wird, einen Fernsehstar ähnlichen Formats für sich zu gewinnen“. Intern wird – leider durchaus ernst gemeint – über einen weiteren möglichen Kandidaten spekuliert: Reinhold Beckmann. Denn der ist immerhin beim NDR. Und auch eine Verlängerung von Sabine Christiansen selbst, zumindest für eine Übergangszeit, scheint im Bereich des Möglichen.

Frank Plasberg, der „genauso überrascht“ von der Absage war wie der Rest der ARD, hat Günther Jauch übrigens gestern Morgen selbst die Nachricht überbracht: „Herr Jauch hat angerufen und mir viel Glück gewünscht – wofür auch immer …“, so Plasberg gestern zur taz. Unter Kollegen sei das schon bemerkenswert. „Wenn man uns fragen würde, würden wir uns freuen und überlegen, was man am Sonntagabend machen könnte“, sagte Plasberg. Aber noch habe das Telefon nicht geklingelt.

Dass die ARD durch Jauchs Absage ein Problem hat, wie NDR-Chef Plog befürchtet, kann getrost ausgeschlossen werden. Oder, wie es Peter Voß, der scheidende Dichter-Intendant des SWR, formuliert: „Ohne Jauch geht’s auch.“