irisch sprache, schwere sprache von RALF SOTSCHECK
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Sie haben sich Zeit gelassen. Nach 34 Jahren EU-Mitgliedschaft fiel den Iren ein, das Irische als 21. Sprache der Europäischen Union anerkennen zu lassen. Irlands Premierminister Bertie Ahern, dessen offizieller Titel „Taoiseach“ lautet, was „Häuptling“ bedeutet, sagte vorvergangene Woche: „Das ist ein ganz besonderer Tag für Irland und die irische Sprache.“ Vielleicht ist das für ihn ja ein Anreiz, sie nun zu lernen?

Irisch gehört zu den keltischen Sprachen, es ist mit dem schottischen Gälisch eng verwandt, und weitläufiger auch mit Walisisch, Bretonisch, Galizisch, Cornish und Manx, der Sprache der Isle of Man. Laut Verfassung ist Irisch die erste Landessprache, Englisch wird als zweite Sprache gleichberechtigt anerkannt. Die Realität sieht anders aus. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch die englischen Besatzer und durch wirtschaftliche Notwendigkeiten, als man wegen des aufkommenden Handels mit der Nachbarinsel Englisch können musste, war Irisch fast ausgestorben.

Seit der Unabhängigkeit 1922 ist die Sprache zwar Pflichtfach an Schulen, aber nur drei Prozent der Bevölkerung können sich flüssig auf Irisch verständigen. Der Schriftsteller Manchán Magan versuchte voriges Jahr auf seiner Rundreise durch Irland, ausschließlich Irisch zu sprechen. Er kam nicht sehr weit, vielen Iren war es peinlich, dass sie ihre eigene Landessprache nicht beherrschten, und behandelten ihn unfreundlich. Er wäre besser gefahren, hätte er Russisch oder Chinesisch gesprochen. Andererseits konnte er vor manchen Kirchen als Straßenmusikant die obszönsten Lieder singen, und die Gläubigen warfen ihm ein paar Cent in den Gitarrenkasten.

In Nordirland bekam die Sprache aufgrund des Konflikts etwas Auftrieb: Die Gefangenen der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) büffelten im Knast Irisch, weil die protestantischen Wärter das nicht verstanden. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Sprache bei Nordirlands englandtreuen Unionisten immer noch einen Beißreflex auslöst. Sie forderten neulich im Europaparlament, dass auch das „Ulster Scots“ als offizielle EU-Sprache anerkannt wird. Genauso gut könnte man das Schwäbische anerkennen, denn es ist vom Deutschen ungefähr ebenso weit entfernt wie Ulster Scots vom Englischen.

Sammy Wilson, einer der Handlanger des reaktionären Pfaffen Ian Paisley, bezeichnete das Irische einmal als „Leprechaun-Sprache“. Leprechauns sind grüngekleidete Kobolde mit roten Haaren. In Wirklichkeit sitzen die aber in der irischen Regierung. Seit anderthalb Jahren wussten die Politiker, dass Irisch zu Jahresbeginn als offizielle EU-Sprache anerkannt würde. Das Ereignis sollte gefeiert werden, unter anderem mit einer Antrittsrede im Europaparlament. Die musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Den irischen Beamten war es nicht gelungen, die erforderlichen neun Dolmetscher aufzutreiben, obwohl die Gelder dafür, rund 3,5 Millionen Euro im Jahr, von der EU längst bewilligt worden sind. Nun hat man bei der EU weitere Zuschüsse beantragt, um die Dolmetscher auszubilden. Den passenden irischen Kommentar dazu verstehen alle Iren, sogar die Unionisten: Póg mo thóin – leck mich am Arsch.