Bund knöpft sich Bahnchef vor

Der Haushaltsausschuss des Bundestags lädt Bahnchef Hartmut Mehdorn höchstpersönlich vor. Die Parlamentarier wollen wissen, warum der Hauptbahnhof am Ende 1 Milliarde Euro gekostet hat

Von UWE RADA

Ganz so einfach kann sich Hartmut Mehdorn nicht mehr aus der Affäre ziehen. Nachdem der Bahnchef eine Befragung durch den Haushaltsausschuss des Bundestags am kommenden Mittwoch platzen ließ und sich von einem Mitarbeiter vertreten lassen wollte, zogen auch die Haushälter die Reißleine.

Man habe sich entschieden, Mehdorn eine weitere Gelegenheit zu geben, die Fragen zu beantworten, sagte der abgeordnete Klaas Hübner (SPD). Der Ausschuss will unter anderem wissen, warum der Bahnchef das ursprünglich 430 Meter lange Glasdach auf dem Hauptbahnhof um 133 Meter kürzen ließ – und was dies an Mehrkosten erforderte.

Die unnachgiebige Haltung des Bundestags ist ein Indiz dafür, dass die Causa Hauptbahnhof längst nicht mehr nur ein Streitfall zwischen Mehdorn und dem Architekten Meinhard von Gerkan ist. Selbst in die Frage, ob und wie das Dach nachträglich verlängert werden kann, hat sich der Bund inzwischen eingemischt. In einem Gutachten, das der Haushaltsausschuss vom Bundesverkehrsministerium angefordert hatte, heißt es unmissverständlich: Diese Verlängerung ist möglich, auch bei laufendem Betrieb. Voraussetzung sei allerdings eine provisorische Überdachung der Baustelle, damit der Zugverkehr und Passanten nicht durch herunterfallende Bauteile gefährdet werden können.

Eine nachträgliche Verlängerung lehnte die Bahn aber auch am Wochenende kategorisch ab. Stattdessen ging der Chef der DB Station&Service AG, Wolf-Dieter Siebert, in die Offensive und erinnerte Meinhard von Gerkan an den ersten Entwurf des Hauptbahnhofs von 1993, der ein weit kürzeres Dach vorsah als die spätere Planung. „Das gefeierte Modell sieht ziemlich exakt so aus, wie sich der Hauptbahnhof heute auch tatsächlich präsentiert“, schrieb Siebert in einem Beitrag für den Tagesspiegel. Gerkan wies dies zurück und sagte, das sei nur eines von vielen Modellen gewesen. Nachdem er den Zuschlag bekommen habe, sei die Länge des Dachs auf 430 Meter festgelegt worden.

Die Bundestagsabgeordneten, die sich Mehdorn demnächst vorknöpfen wollen, dürfte aber ein anderes Detail im Beitrag Sieberts nicht minder interessieren als der Streit über die Länge des Daches. „Am Ende“, ließ Siebert die Bombe platzen, „betrugen die Baukosten eine Milliarde Euro.“ Bislang hatte die Bahn sich immer gehütet, die Summe der Mehrkosten für den gläsernen Bahnhof auszuplaudern, wohl auch deshalb, weil das Renommierprojekt mit lediglich 700 Millionen Euro veranschlagt war.

Nun aber dienen dem Staatsunternehmen mit dem geheimniskrämerischen Geschäftsgebaren auch die Mehrkosten dazu, von Gerkan zu diffamieren. „Ein wichtiger Faktor für Verzögerungen und Kostensteigerung“, so Siebert, „lag im anspruchsvollen Entwurf des Architekten und in seiner Art, mit dem Projekt umzugehen.“ Sieberts Conclusio: Irgendwann mussten klare Entscheidungen getroffen werden, um den Start des Bahnhofs zur WM zu sichern und weitere Kostenexplosionen zu vermeiden.

Meinhard von Gerkan lässt auch das nicht auf sich sitzen. Nahezu alle Anschuldigungen, ließ er mitteilen, „treffen die Bahn selbst“. Die Anhörung Mehdorns vor dem Haushaltsausschuss verspricht also spannend zu werden. Ein Termin für den Showdown steht auch schon fest. Es ist der 28. Januar.