streit um biermann
: Rot-rote Kulturbanausen?

Einen Tag vor der Entscheidung über die Berliner Ehrenbürgerschaft Wolf Biermanns hat Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) einmal mehr gezeigt, was er von der Befähigung hiesiger Kulturpolitiker hält: nämlich recht wenig. Die zänkische Diskussion um die Verleihung der Ehrenbürgerwürde für den Barden ist nach Ansicht des obersten Kulturbeauftragten der Republik eine „kulturpolitische Blamage“ für den Senat. Laut Neumann verkennt Rot-Rot nicht nur die Verdienste, sondern auch die geschichtspolitische Bedeutung Biermanns. Und als wäre der Tritt gegen das Berliner Schienbein nicht genug, lädt Neumann den Liedermacher demonstrativ ins Kanzleramt ein: Den Kulturbanausen im Roten Rathaus soll das eine Lehre sein.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHÄGER

Es ist nicht das erste Mal, dass der Kulturstaatsminister die Kulturpolitik des Landes aufs Korn nimmt. In Sachen Staatsoper, Opernreform oder Kulturfinanzierung hat Neumann eine dezidiert andere Meinung als Klaus Wowereit. Das ist sein gutes Recht, ist Neumann doch hier den Interessen den Bundes – und nicht den Begehrlichkeiten Berlins – verpflichtet.

Sich für Biermanns Ehrenbürgerschaft und zugleich als kulturpolitischer Scharfrichter von Rot-Rot aufzuspielen, überschreitet hingegen seine politische Kompetenz. Es ist und bleibt die Sache Berlins wie anderer Kommunen auch, darüber zu befinden, wer Lametta aus der Hand des Bürgermeisters erhält. Neumann, sonst recht diplomatisch im Umgang mit politisch Andersdenkenden, ist hier wohl in die Rolle des CDU-Parteisoldaten gefallen. Ob sein Zeichen der Unterstützung Biermann hilft, muss bezweifelt werden. Es verhärtet eher die Fronten.