off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Out of the Past“ (OmU) 21. 1., 23. 1.–24. 1.; „The Night of the Hunter“ (OmU) 23. 1.; „Farewell, My Lovely“ 23. 1.; „The Killing“ (OmU) 20. 1., 24. 1.; „Asphalt Jungle“ 24. 1. im Lichtblick

Um das „Sexsymbol auf der Stummfilmleinwand“ geht es beim Internationalen Festival für Stummfilm und Musik im Babylon Mitte. Eröffnet wird es mit „The Temptress“ (1926), einem Greta-Garbo-Melodram von Fred Niblo, das sehr schön jene Reduktion auf reine Äußerlichkeiten vorführt, die das „Sexsymbol“ letztlich ausmacht: Die Männer bringen sich gegenseitig um, sie duellieren sich mit Peitschen, begehen Selbstmord – doch nicht für sie, wie die „Verführerin“ Elena einmal hellsichtig bemerkt, sondern für ihren Körper. Entsprechend ist die Garbo auch in Szene gesetzt, etwa, wenn sie im Glitzerfummel irgendwo auf einer Baustelle in der argentinischen Pampa zum Abendessen erscheint und den Männern beinahe die Augen aus dem Kopf fallen. Interessant erscheint auch der immer wieder durchschimmernde Irrtum Hollywoods, Schönheit mit Verruchtheit gleichzusetzen – die Garbo hatte praktisch ihre ganze Karriere lang darunter zu leiden. Von einem ganz anderen Kaliber ist hingegen Clara Bow: „You were speaking for american working girls“, hat Martin Newell einmal über den bekanntesten der „Flapper“ gesungen, jenen befreiten neuen Frauen des Jazz-Zeitalters der 1920er-Jahre. Zu sehen ist Bow in Victor Flemings „Mantrap“ (1926). Zu allen Filmen der Reihe, die in der nächsten Woche fortgesetzt wird, gibt es Live-Musik von dem Schlagwerker Steven Garling und wechselnden Mitmusikern.

Im Lichtblick-Kino spielt man derweil die Klassiker des Film noir – wobei die (sicher auch von der Verfügbarkeit der Filmkopien bestimmte) Auswahl allerdings zum Teil leicht im Noir-Grenzbereich liegt: Was beispielsweise grundsätzlich nicht geht, ist Film noir in Farbe – weshalb Dick Clements „Farewell, My Lovely“ (1975) zwar eine schöne und spannende Raymond-Chandler-Verfilmung mit Robert Mitchum in der Rolle des klassischen Privatdetektivs Philip Marlowe ist, aber eben kein Film noir. Ebenfalls haarscharf am Rande liegt „The Night of the Hunter“, die einzige Regiearbeit des britischen Schauspielers Charles Laughton, der 1955 einen Albtraum voller schwarzer Poesie inszenierte, in dem ein durch und durch bedrohlicher Robert Mitchum als psychopathischer falscher Prediger zwei Kinder durch eine bizarre Märchenlandschaft verfolgt. Als Noir-Variationen könnte man die beiden „Big Caper“ (ein Subgenre des Gangsterfilms) im Programm bezeichnen: Sowohl John Hustons „Asphalt Jungle“ (1950) als auch Stanley Kubricks „The Killing“ (1956) erzählen in typisch fatalistischem Tonfall ausführlich von Planung und Ausführung eines großen – und natürlich scheiternden – letzten Coups. Der archetypische Film noir zum Schluss: Jacques Tourneurs „Out of the Past“ bietet mit einem zynischen und fatalistischen Detektiv (Robert Mitchum), der verlogenen schwarzen Witwe (Jane Greer), der tiefschwarzen Low-Key-Fotografie und den in verschachtelten Rückblenden erzählten tödlichen Intrigen, in die der schläfrige Detektiv sehenden Auges hineinwankt, dann wirklich alles auf, was diesen Stil stets so attraktiv erscheinen lässt. Lars Penning

„The Temptress“ 23. 1.; „Mantrap“ 24. 1. im Babylon Mitte