Linke Studis liebäugeln mit neuem SDS

Hochschulgruppen der Linkspartei gründen neuen Verband – und wühlen tief in der Kiste der linken Studentenbewegung. Dabei soll ein bekannter Name geklaut werden. Alt-68er werden aufhorchen: Dutschkes Erben wollen Verband „SDS“ taufen

AUS BERLIN JAN GEORG PLAVEC

Wenn sich dieses Wochenende linke Studenten verschiedenster parteilicher Couleur in Frankfurt am Main treffen, dann tun sie dies zunächst, um typisch linke Themen zu diskutieren: Grundlagen der Globalisierung oder die Renaissance der Kritischen Theorie. Tatsächlich geht es aber um viel mehr: Die Studenten wollen einen bundesweiten linken Hochschulverband gründen.

Das ist freilich nicht nur für Alt-68er nichts Neues. Vielleicht wollen Dutschkes Erben gerade deshalb tief in der Kiste der linken Studentenbewegung wühlen, wenn es um einen Namen für das Baby geht. Ihr Vorschlag: „SDS“ . Das soll für Revolution stehen – und ist offen geklaut. Der „Sozialistische Deutsche Studentenbund“, gegründet 1946, war in den 1960ern bis zu seiner Auflösung 1970 Keimzelle der Studentenbewegung. Rudi Dutschke war ihr populärster Anführer.

Der Entschluss zur Verbandsgründung fiel Anfang November beim Treffen des linken Hochschulgruppennetzwerks in Kassel. Nach Vorarbeit an diesem Wochenende sollen Anfang Februar Satzung und Programm festgelegt werden; im Frühsommer soll der Verband der Linkspartei angegliedert werden. Dann wäre Schluss mit dem losen linken Studentennetzwerk – die akademische Linke hätte einen Zentralverband als Sprachrohr und Koordinationsstelle für bundesweite Aktionen.

„Der Hochschulverband steht im Satzungsentwurf für die neue Linkspartei“, bestätigt Katja Kipping, „der Kongress in Frankfurt ist ein wichtiger Aufschlag.“ Ihre Partei erhoffe sich eine „personelle und inhaltliche Frischzellenkur“, so die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, „wir wollen den Neoliberalismus auch intellektuell und kulturell herausfordern. Deshalb benötigen wir eine Verankerung im akademischen Bereich.“

Auf dem Frankfurter Kongress soll aber nicht nur Gesamtstimmung erzeugt, sondern auch Konkretes geleistet, Aktionen zum G-8-Gipfel geplant oder eine bundesweite Kampagne gegen Studiengebühren konzipiert werden. 500 Studierende von 40 Universitäten in ganz Deutschland erwarten die Organisatoren. Derzeit gibt es 25 Hochschulgruppen der Linkspartei. „Wir müssen ein Angebot machen, um auch unabhängig vom Hochschulort aktiv zu werden“, sagt Jonas Rest, Pressesprecher des Organisatorenteams.

Die Linke wittert Morgenluft. Schließlich ist es nicht lange her, dass in Köln eine ganze Hochschulgruppe Jusos zur Linkspartei konvertierte. Und der neue Hochschulverband will nicht nur bestehende Gruppen, etwa Jungdemokraten oder Attac-Anhänger, mit offenen Armen aufnehmen, sondern weiter in den Gewässern der Jusos und Grünen fischen.

Weil aber nicht nur der Name, sondern auch die Finanzierung des neuen Verbands in den Sternen steht, schauen die Genossen von der SPD erst mal nur zu: „Die Linken müssen aufpassen, ihren Laden überhaupt zusammenzuhalten“, vermeidet Daniel Thürauf, Geschäftsführer des Juso-Hochschulgruppenverbands, Beißreflexe.

Auch die Grünen geben sich relaxt: „Austritte ganzer Hochschulgruppen fürchten wir nicht“, sagt Sprecher Ingo Bowitz, „die Konkurrenz vor Ort gibt es schon lange.“ Und: „Ob aus den SDS-Träumen Realität wird, wollen wir noch abwarten.“