Deutscher Sturm fiel aus

Trotz populistischer Hetze gegen „Kindermörder“ blieb das Nazi-Bündnis am Samstag in Osterholz ziemlich allein. Antifas, Bürger und Politiker protestierten gegen die rechte „Mahnwache“

von Christian Jakob

Am Ende mahnten sie allein und im Regen. Keine 25 Personen folgten am Samstagvormittag dem Aufruf des rechtsradikalen „Bündnis Keine Gewalt“ zu einer „Mahnwache“ gegen die Therapierung von „Kindermördern“ vor dem Osterholzer Friedhof. Hintergund der von NPD-Kreisen sowie der Hooligan-Truppe „Backstreet Skinheads“ organisierten Kundgebung ist die Verwahrung des Ziehvaters des getöteten Jungen Kevin in der Psychiatrie des Zentralkrankenhauses (ZKH) Ost. Auch der Auftritt des bekannten Hamburger Nazis Christian Worch vermochte an der Mobilisierungs-Pleite der Rechten nichts zu ändern.

Rund 300 GegendemonstrantInnen hatten sich gegen 10.30 Uhr an der Züricher Straße versammelt und waren zum „Irrstern“ auf dem Gelände des ZKH Ost gezogen. Beim „Irrstern“ handelt es sich um ein Mahnmal, das an die Ermordung hunderter geistig behinderter und psychisch Kranker PatientInnen der Klinik während der NS-Zeit erinnert. Klinikbeschäftigte, AnwohnerInnen, Autonome und PolitikerInnen gedachten der Euthanasie-Opfer und protestierten mit Transparenten gegen die Nazis. Die Leitung des ZKH Ost und die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ hatten zu den Gegenaktionen aufgerufen.

Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) sagte, in dem Krankenhaus seien sicherlich auch „gefährliche Menschen“ untergebracht. „Doch auch sie haben wertvolles Leben, dass es unbedingt zu schützen gilt.“ Weber sagte, er sei in „großer Sorge“, dass Rechtsextremisten wachsenden Zulauf finden könnten – auch im Hinblick auf die Landtagswahl im Mai. Nur engagierte Bürger könnten der „braunen Brut“ Einhalt gebieten.

Pastorin Inge Kuschnerus von der Osterholzer Melanchthon-Gemeinde verteidigte die Auffassung, für StraftäterInnen und Kranke hätten die gleichen Maßstäbe zu gelten, wie für alle anderen Menschen auch. „Es gibt keinen Weg außerhalb der Menschenrechte“, so die Pastorin.

Gegen 12.30 Uhr zogen die DemonstrantInnen vom Klinikgelände zur Osterholzer Heerstraße. In Sichtweite der Nazi-Kundgebung endete die Protestaktion.

Nach Angaben der Polizei waren rund 500 Beamte im Einsatz, darunter auch Einheiten aus Schleswig-Holstein. Vier Gegendemonstranten wurden „zur Verhinderung von Störungen“ vorübergehend in Gewahrsam genommen.