Gute Tat mit Nebenwirkungen

Kita-Träger protestieren gegen die Bevorzugung der Vorschule: Nur dort ist ein Platz für Kinder mit Sprachförderbedarf kostenlos. Wer den Nachwuchs in der Kita lassen will, muss das beantragen. Wo besser gefördert wird, ist unklar

Es sah aus wie eine Wohltat, und das Kleingedruckte fiel niemandem auf. Im Rahmen ihrer Initiative „Lebenswerte Stadt“ beschloss die CDU im Dezember, den Vorschulbesuch für die rund 1.500 Kinder mit Sprachförderbedarf kostenlos zu machen. Flugs wurde das Schulgesetz geändert und eine vormittägliche Schulpflicht für diese Fünfjährigen eingeführt. Wer sein Kind lieber in der Kita lässt, wo ebenfalls Sprachförderung stattfindet, handelt sich zwei Nachteile ein: Erstens müssen für die Kita Gebühren gezahlt, zweitens bei der Schule, die das Kind eigentlich einschulen möchte, ein Antrag gestellt werden. Hamburgs Kita-Verbände kritisierten gestern, dass diese Regel die „Wahlfreiheit“ der Eltern einschränke. In der Praxis würden all jene, die ihr Kind in der Kita lassen wollen, „sehr stark unter Druck“ gesetzt, wie es Uta Lewandowski von der Diakonie formuliert.

Bekanntlich werden alle Vierjährigen in der Schule untersucht. Gilt ein Kind als „förderbedürftig“, ist es ab nun vorschulpflichtig und kann nur auf Antrag ein Kita-Kind bleiben. „Die Eltern wissen nichts von dieser Wahlfreiheit“, sagt Kita-Leiterin Christiane Riedel-Fock aus Neu-Allermöhe, und ebenso wenig die Lehrer, die sie beraten. So habe eine Lehrerin vor einem Kind gesagt, „Der kann ja gar nichts. Der hat noch viel größere Sprachschwierigkeiten als von der Kita dokumentiert“, und gedroht, ohne Vorschulbesuch sei die Einschulung gefährdet. „Die Mutter“, so Riedel-Fock, „saß dann weinend bei mir im Büro.“

Die Vierjährigen-Tests seien für die Kinder „denkbar unangenehm“, sagt Angela Jähnke von der Deutsch-Türkischen Kita. „Die Tür ist zu.“ Das Kind sei allein mit der Lehrerin und wage es kaum, etwas zu sagen. „Und dann heißt es, jetzt muss Sprachförderung her.“

Dabei ist offenbar nicht bewiesen, dass die Vorschule überhaupt besser fördert. „Die Kitas haben sich fortgebildet und scheuen den Wettbewerb nicht“, sagt Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Eine unveröffentlichte Untersuchung des Landesinstituts für Lehrerbildung unter mehreren hundert Kindern habe im Sommer 2006 „kaum signifikante Unterschiede“ zwischen Kita- und Vorschulkindern gezeigt. Gerade im Bereich Sprachförderung aber kämen die Kitas „in der Tendenz zu besseren Ergebnissen“.

Die Verbände wollen erreichen, dass die Bevorzugung der Vorschule korrigiert wird. Die GAL plant bereits einen entsprechenden Antrag für die Bürgerschaft. Kaija Kutter