Geldsegen für Freiberg

Den Vogel bei den Elite-Unis schießen nicht München, Berlin oder Heidelberg ab. An der Spitze steht die Bergakademie Freiberg. Die Hochschule bekommt 20 Millionen Euro jährlich – aus einer Stiftung

AUS FREIBERG MICHAEL BARTSCH

Das sind die aktuellen Finanz-Indices für universitäre Exzellenz: Für eine Graduiertenschule herausragender Doktoranden zahlt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Million Euro pro Jahr; für einen Forschungsschwerpunkt 6,5 Millionen Euro und für den Titel Eliteuni gibt es noch mal rund 25 Millionen obendrauf. Nach diesen Werten sitzt die deutsche Elite-Universität in finanzieller Hinsicht weder in München noch Heidelberg noch Berlin, sondern in Freiberg: es ist die Technische Universität Bergakademie. Die Mini-Uni wird bald 20 Millionen Euro bekommen – von einem privaten Spender.

Der Spender heißt Peter Krüger und meidet jede Öffentlichkeit. Er hat einen Teil seines Immobilienvermögens als „Dr. Peter Krüger“-Stiftung der Uni Freiberg vermacht. Daraus werden bis zum Nimmerleinstag jährliche Ausschüttungen an die Universität fließen, die sich auf 20 Millionen Euro belaufen sollen. Der heute 83-jährige Krüger studierte einst in Freiberg, musste aber gehen, weil er nicht ins Bildungskonzept der Sowjetischen Besatzungszone passte.

Vor zweieinhalb Jahren erfuhr der Freiberger Rektor Georg Unland von der Absicht des Münchener Unternehmers Peter Krüger, sein umfangreiches Vermögen zu stiften. Seither warb der Rektor in persönlichen Gesprächen bei Krüger darum, dies in seiner Heimatstadt zu tun.

Für den Erfolg dieser Bemühungen reichte allerdings der Appell an Heimatverbundenheit nicht aus. „Die Bergakademie kommt mit ihrem Fächerspektrum der Hauptintention Krügers entgegen, mit seiner Spende Arbeitsplätze zu schaffen“, sagt Rektor Unland. Freiberg wurde 1765 gegründet und ist damit die älteste deutsche Montan-Hochschule, also Universität für Bergbau und Hüttenwesen. Hier sind die Ingenieurwissenschaften im Gegensatz zum Bundestrend im starken Aufwind. Freiberg zählt heute zu einer der forschungsstärksten Universitäten in Deutschland und zum Drittmittel-Spitzenreiter in Ostdeutschland. Jeder dritte Euro des Budgets von knapp 75 Millionen Euro kommt aus der Wirtschaft.

Dieser Etat wird nun um einen Betrag aufgestockt, dessen genaue Größe niemand verraten will. Das Stiftungsvermögen lasse sich nicht exakt beziffern, weil es sich um Immobilien in deutschen Großstädten handelt. Es soll sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen. Auf Bitten Krügers wird in diesem Jahr aber schon eine Million Euro ausgeschüttet. Dafür ist an der TU Bergakademie Freiberg neben den beiden bestehenden kleineren Stiftungen eine weitere, nicht rechtsfähige Universitätsstiftung gegründet worden, die nach dem Vater des Spenders Dr. Erich Krüger benannt ist. Allerdings konnten die Unwägbarkeiten des Stiftungsrechts nur unter Einbeziehung von Experten aus dem Sächsischen Finanzministerium gelöst werden.

Die Studenten auf dem Campus wissen zwar, dass sich vom unverhofften Geldsegen „das Mensaessen nicht drastisch verbilligen wird“. Sie freuen sich trotzdem für ihre Uni, deren Anziehungskraft stetig wächst. Bei 4.600 Studierenden musste die Universitätsleitung im Vorjahr Zulassungsbeschränkungen einführen, um die Vorzüge des Standorts nicht zu gefährden. Die lauten im Urteil der Studierenden: gute Betreuung, familiäre Atmosphäre, nach wie vor die erste Adresse bei den Bergwissenschaften – und sehr gute Berufsaussichten.

Die zusätzlichen Millionen werden vor allem der Ausstattung der Forschung mit Großgeräten und der Förderung von Promovenden zugute kommen. „Die Stiftung zielt nicht auf die laufenden Ausgaben, sondern auf strategische Investitionen“, sagt Rektor Unland. Hier will die Bergakademie ihr Profil in den Geowissenschaften, der Material-, Umwelt- und Energieforschung schärfen, wofür sie nicht nur wegen der langen Traditionen geschätzt wird.

Peter Krüger kam zur Präsentation der Stiftung nicht nach Freiberg. Angeblich hat diese Zurückhaltung nichts mehr mit den Erinnerungen an seine Geburtsstadt zu tun – die allerdings bitter sind. Als er 1946 in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone an der Bergakademie Bergbau studieren wollte, wurde er nach einem Semester schon geschasst. Der Sohn eines Studienrats zählte nicht zu den politisch erwünschten Arbeiter- und Bauernkindern. Also ging er nach Karlsruhe, studierte Elektrotechnik und begann eine typische Nachkriegskarriere. Ein großes Bauunternehmen, die Kette der „Schlemmermeyer“-Delikatessgeschäfte und Immobilien brachten ihm das immense Vermögen ein.

Die Spende hat in der alten Silberbergbaustadt eher Genugtuung als Triumphgefühle ausgelöst. In der Exzellenzinitiative des Bundes hat die kleine Bergakademie trotz ihrer Erfolge keine Chance. Lange Gesichter gibt es dafür im 35 Kilometer entfernten Dresden. Dort hat sich die TU Dresden vergeblich um die Zuschüsse für eine Eliteuniversität beworben. Vor einigen Jahren versuchten die Dresdner, sich Freiberg als Außenstelle einzuverleiben.