Ermittlungen gegen die CIA auch in Italien

26 Agenten möchte die Mailänder Staatsanwaltschaft gerne wegen der Entführung eines ägyptischen Imams festsetzen

ROM taz ■ Gleich 26 CIA-Agenten würde die Mailänder Staatsanwaltschaft gern festsetzen, aus ähnlichen Gründen wie im Fall El Masri. Schon im Juni 2005 kamen in Mailand die ersten 13 Haftbefehle gegen die US-Geheimdienstagenten auf den Tisch; ihnen wird vorgeworfen, am 17. Februar 2003 den ägyptischen Imam Abu Omar in der norditalienischen Metropole verschleppt zu haben.

Was damals passierte, ist mittlerweile dank Zeugenaussagen und der Auswertung von Telefonverbindungsprotokollen fast lückenlos rekonstruiert: Am helllichten Tag stürzten sich auf offener Straße die Agenten auf den islamistischen Eiferer, zerrten ihn in einen Kleinbus und karrten ihn dann gleich auf die US-Airbase Aviano. Von dort ging es mit einem Flugzeug über Ramstein nach Ägypten. In seinem Heimatland sitzt Abu Omar heute noch in Haft. Nach eigenen Aussagen wurde er schwer gefoltert, nachdem er ein Kooperations-„Angebot“ der CIA abgelehnt hatte.

Nachdem die Mailänder Staatsanwälte einmal die Ermittlungen aufgenommen hatten, war es ihnen ein Leichtes, den CIA-Leuten auf die Spur zu kommen. Sie nämlich telefonierten am Einsatzort ebenso wie auf der Fahrt nach Aviano fröhlich mit ihren Handys. Dank der Unterlagen identifizierten die italienischen Fahnder dann auch das Mailänder Luxushotel, in dem die Agententruppe abgestiegen war.

Seit dem 9. Januar läuft nun die Voranhörung – sie geht der Eröffnung der Hauptverhandlung voraus – gegen die 26 US-Bürger und 9 Italiener, die zumindest als Mitwisser an der Entführung beteiligt gewesen sein sollen. Der prominenteste italienische Angeklagte ist der damalige Chef des Militärgeheimdienstes Sismi, Nicolò Pollari. Sein Dienst soll der CIA zugearbeitet und anschließend alles getan haben, um die Aktion zu vertuschen. Statt den Einsatz der CIA aufzuklären, habe der Sismi zum Beispiel die mit den Ermittlungen befassten Mailänder Staatsanwälte sowie zwei Journalisten der Tageszeitung La Repubblica ausforschen lassen.

Zur Sitzung der Voranhörung am vergangenen Montag erschien Pollari persönlich, um erneut seine Unschuld zu erklären. Anders gehen die CIA-Agenten vor: Sie bleiben lieber in Amerika und lassen ihre Anwälte die Einstellung des Verfahrens beantragen, von dem sie schließlich „nichts gewusst“ hätten. Der Antrag wurde abgeschmettert. So dumm, dass sie von dem in Italien laufenden Verfahren nichts mitbekommen haben können, schätzt man in Italien die CIA-Agenten nicht ein.

Einen zweiten Weg probierte – auch in Abwesenheit natürlich – der frühere CIA-Missionschef in Mailand, Bob Lady. Er verlangte nach einer „politischen Lösung“ des Falls statt nach strafprozessualer Aufarbeitung. Da wurde es den Staatsanwälten zu viel. So hätten zuletzt die Terroristen der Roten Brigaden vor Gericht argumentiert, gaben sie zurück. Und sie legten nach: Sie setzten die Beschlagnahmung einer schönen Villa durch, die sich Lady in Italien gekauft hatte. Das Haus soll im Fall einer Verurteilung als Entschädigung an Abu Omar gehen. MICHAEL BRAUN