Bremer Kliniken in akuter Gefahr

Der Krankenhaus-Berater Güse formulierte vor dem Untersuchungsausschuss eine scharfe Kritik an der Klinik-Holding

Die kommunalen Bremer Kliniken werden derzeit „gegen die Wand gefahren“. Das ist die Überzeugung von Hans Georg Güse, früher Arzt im Klinikum Links der Weser und seit Jahren bundesweit als Krankenhaus-Berater unterwegs. „Ich gebe den Kliniken keine Chance mehr, wenn das noch ein Jahr so weitergeht“, erklärte er gestern dem Klinikum-Untersuchungsauschuss.

Die Holding-Struktur „Gesundheit Nord“, unter deren Dach die vier kommunalen Kliniken zusammengeführt worden sind, sei nicht die Lösung, sondern habe die Probleme nur verschärft, so die Überzeugung des Beraters: „Diese Holding hat den Kliniken keine Vorteile gebracht“, sondern im Gegenteil eine „unheimliche Verschwendung von Geld und Kräften“ bedeutet. Schon in Vorbereitung auf dieses Holding-Dach hätten die Verwaltungsleiter der vier Kliniken sich „anderthalb Jahre blockiert“ und „nur noch gefetzt“. Mit der Gründung habe die „unheilvolle Entwicklung“ ihren Fortgang genommen. Güse: „Die Krankenhäuser können nur überleben, wenn sie flexibel und schnell reagieren“.

Das Problem beschreibt Güse ganz schlicht: Im Klinikum Bremen-Mitte werde nach den in wenigen Jahren geltenden Abrechnungs-Beträgen mit den Krankenkassen (genannt „DRG“) pro Patient ein Verlust von 300 Euro gemacht. Anstatt sich darauf einzustellen, beobachte er einen „blinden Flug im Nebel“. Es gehe aber um 7.000 Arbeitsplätze und auch Bremens Position in der Gesundheitswirtschaft.

Die kommunalen Hamburger Kliniken seien für null Euro an Private gegeben worden. Dies drohe auch den kommunalen Kliniken in Bremen. Die Berufung des Holding-Chefs Wolfgang Tissen ist für Güse in diesem Zusammenhang das allergrößte Rätsel. Niemand habe diesen Mann vorher gekannt, sagte Güse. Im Untersuchungsausschuss ist in dieser Woche bekanntgeworden, dass ein leitender Mitarbeiter der Fresenius-Gruppe dem Bremer Gesundheits-Abteilungsleiter Matthias Gruhl den Namen Tissen geflüstert hatte. Da schließt sich für Güse der Kreis: Seit Jahren seien über Verschachtelungen zu der Fresenius-Gruppe zählende Berater im Krankenhaus Mitte unterwegs, „die kennen da jeden Stein“. Zusammen mit Leuten der Fresenius-Gruppe wurde der Plan in Bremen entworfen, in einem 200-Millionen-Investitionsprojekt das Klinikum Mitte neu zu bauen. Und bei den Bewerbern um diesen Auftrag heute ist die Fresenius-Gruppe ein wichtiger Partner. Der frühere Holding-Geschäftsführer Wolfgang Tissen habe, berichtete Güse, schon vor Jahren damit geprahlt, die nötigen 200 Millionen Euro für die Investition zu haben, sofern Bremen auf eine Ausschreibung verzichten würde. Dahinter konnte, ist Güse sicher, nur die Fresenius-Gruppe stecken.

Ein ganz anderes Spiel hat offenbar der Geschäftsführer von Bremen-Ost, Andreas Lindner, gespielt. Lindner hatte mit der Reha-Klinik Siekertal Verträge gemacht – die gehörte ihm, wie nachträglich herauskam. Gestern berichtete der Verwaltungsleiter von Siekertal, dass er der Marseille-AG monatlich rund 120.000 Euro zahlen musste. Am 19. Januar habe ihm Ulrich Marseille persönlich die Kündigung der mit Lindner geschlossenen Siekertal-Verträge eröffnet. kawe