Warten auf die Heißzeit

Nach der Veröffentlichung der UN-Klimaprognose in Paris weht auch in Berlin und Brandenburg ein anderer Wind. Die Grünen fordern bereits den Verzicht auf den Neubau eines Kohlekraftwerks

von UWE RADA

Die Berliner und Brandenburger können sich schon mal kalt anziehen. Die Folgen des Klimawandels werden auch in der Region stärker zu spüren sein als angenommen. Das meinen zumindest viele Experten, die sich im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der UN-Klimaprognose in Paris zu Wort meldeten.

So prophezeit das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie das, was wir gerade erleben – einen deutlichen Anstieg der Temperaturen in der kalten Jahreszeit und eine Zunahme von Niederschlägen. „Wir müssen mit 20 bis 30 Prozent mehr Niederschlägen rechnen, ein Großteil davon als Regen“, meint die Max-Planck-Forscherin Daniela Jacob. Betroffen sei vor allem der Südosten Deutschlands – und damit auch die Lausitz.

Anders dagegen die Sommer. Die sollen – vor allem in Ostdeutschland, aber auch im Norden – trockener werden. In diesen Regionen könnte es bis Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu heute ein Niederschlagsminus um bis zu 35 Prozent geben. Regen fällt dann zumeist als Gewitter- oder Starkregen – und lässt die Flüsse anschwellen.

Auch das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bestätigt die Prognose der Hamburger Kollegen. „Nach unseren Berechnungen wird es im Sommer weniger regnen“, sagt Manfred Stock vom PIK. Insgesamt werde das Klima damit „unausgeglichener werden“. So könnten häufiger ungewöhnlich warme Monate wie im vergangenen Jahr der Juni und Juli sowie milde Winter auftreten.

Für die Region Berlin-Brandenburg, die mit 300 Millimeter Niederschlag im Sommer ohnehin zu den trockensten Landstrichen in Europa zählt, wird das nicht ohne Folgen bleiben. Wenn die wenigen Niederschläge als Starkregen fallen, so Stock, „hätte das zur Folge, dass das Wasser vermehrt oberirdisch abfließt und nicht mehr ins Grundwasser gelangt“.

Problematisch ist für Stock aber auch der anhaltende Braunkohletagebau. Die vermehrten Stromexporte aus der Lausitz führten dazu, „dass das Land mit rund 25 Tonnen pro Kopf zu den Spitzenreitern des Kohlendioxidausstoßes in Deutschland gehört“, so Stock.

Diese Vorlage greifen die Grünen gerne auf. „Der Neubau eines großen Kohlekraftwerks, wie es Vattenfall in Berlin bauen will, wäre ein herber Rückschlag für den Klimaschutz“, sagte die grüne Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, Franziska Eichstädt-Bohlig. Der Senat müsse seine Unterstützung für ein derartiges Kraftwerk aufgeben. Vielmehr müsse Berlin durch innovative Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz, regenerative Energien und Möglichkeiten des Energiesparens zur „Modellstadt des Klimaschutzes“ werden.

Eines aber können die Grünen nicht mehr ohne weiteres tun: dem Senat oder der Brandenburger Landesregierung mit einem „heißen Herbst“ drohen. Was früher zum Vokabular des politischen Proteste gehörte, ist heute – aufgrund unterlassenen Handelns – Realität.