Gute Posten für Kabilas Freunde

Nach fünf Wochen Postenschacher stellt Kongos neuer Premierminister Gizenga ein gigantisches Kabinett vor, in dem die bisherigen Warlords nichts mehr zu melden haben

GOMA taz ■ Das Warten ist vorbei. Über ein halbes Jahr nach den ersten freien Parlamentswahlen der Demokratischen Republik Kongo bekommt das Land jetzt seine erste gewählte Regierung. Vor dem Hintergrund einer Wetterkarte von Nordamerika und gefolgt von Werbung für angolanische Diamantenhändler verlas am späten Montagabend im Staatsfernsehen der Direktor persönlich eine endlos erscheinende Liste von 40 Ministern und 20 Vizeministern. Die meisten davon sind der Öffentlichkeit unbekannt. Aber immerhin endet damit das mehrmonatige scheinbare Machtvakuum im Kongo seit den Wahlen 2006, in der das Land faktisch nur noch von Präsident Joseph Kabila und dem Militär regiert wurde und zuletzt Gewalt um sich gegriffen hatte.

Die vergangenen dreieinhalb Jahre hatten Kongos Warlords gemeinsam eine Allparteienregierung gebildet. Nur einer von ihnen bleibt jetzt Minister: Mbusa Nyamwisi, früher Chef einer kleinen Rebellengruppe im Ostkongo, danach Minister für regionale Kooperation und jetzt Außenminister. Der von den Geberländern geschätzte frühere Parlamentspräsident Olivier Kamitatu übernimmt das Planministerium und leitet damit Kongos Armutsbekämpfungsprogramm, von dessen Umsetzung abhängt, ob das Land einen Schuldenerlass und massive Entwicklungshilfe kriegt.

Innenminister Denis Kalume, der für die Massaker an Demonstranten im Westen Kongos vergangene Woche verantwortlich zeichnet, behält sein Amt; Nzanga Mobutu, Sohn des früheren Diktators, wird Landwirtschaftsminister. Die Ministerien für Verteidigung und Infrastruktur, die am meisten Staatsausgaben verschlingen werden, bekommen Tchikez Diemo und Pierre Lumbi, zwei getreue Kabila-Apparatschiks. Nur neun Posten gehen an Frauen.

Die Ministerauswahl ist einem komplizierten Parteienproporz geschuldet. Präsident Kabila hatte im vergangenen Jahr den Sieg im ersten Wahlgang verfehlt. Sein Parteienbündnis AMP (Allianz der präsidialen Mehrheit) hatte sich für den Sieg in der Stichwahl mit dem Mobutu-Sohn sowie der linkssozialistischen Oppositionspartei PALU (Vereinigte Lumumbistische Partei) verbündet, deren 81-jähriger Chef Antoine Gizenga im Gegenzug Premierminister wurde. Im neuen Kabinett hält Gizengas PALU nun sechs Ministerposten, Kabilas Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie) 18. Der Regierungsbildung ging wochenlanger Streit über die Dominanz der Präsidentenpartei voraus.

In ersten kongolesischen Reaktionen dominierte wohlwollende Zurückhaltung. Anrufer bei Radiosendungen betonten zumeist, man müsse erst mal abwarten. Kongos führende Tageszeitung Le Potentiel titelte gestern „Regierung ohne Rückgrat“ und betonte die Unerfahrenheit der meisten Minister. Dies werde ihnen den von Premier Gizenga ausgerufenen Kampf gegen Korruption im Staatsapparat erschweren, hieß es in dem Artikel.

Darüber kursiert eine böse Anekdote: Um den Amtssitz des Premierministers wieder herzurichten, in dem bislang der scheidende Vizepräsident und Wahlverlierer Jean-Pierre Bemba seine Büros hatte, gab Kabila Gizenga 300.000 Dollar. Bei Gizenga kamen allerdings nur 60.000 an. Um seine Integrität unter Beweis zu stellen, verwendete Gizenga davon nur 39.000. Als er die restlichen 21.000 wieder Kabila zurückgeben wollte, merkten die beiden, dass unterwegs irgendjemand 240.000 Dollar abgegriffen haben muss – immerhin vier Fünftel der ursprünglichen Summe. Veruntreuung in dieser Größenordnung gilt als durchaus normal bei kongolesischen Staatsausgaben. DOMINIC JOHNSON