Tief im Südwesten

Die Südwestdeutsche Medienholding wird die Anteile an der Zeitungsgruppe Stuttgart übernehmen – feine Umwälzungen, die mittelbar aber sogar die „Süddeutsche Zeitung“ betreffen könnten

Von Steffen Grimberg

Eine Schönheit ist es wirklich nicht, das Verlagsgebäude der Stuttgarter Zeitung. Doch: „Repräsentationsanspruch wird klein, Kostenbewusstsein groß geschrieben“, so hat es einmal Jürgen Dannenmann, der Geschäftsführer der Zeitungsgruppe Stuttgart (Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten), formuliert. Genug Geld, ein Qualitätsblatt zu machen, war aber stets vorhanden. Doch das könnte bald anders werden. Denn die Familie Schairer, Mitgründerin der Stuttgarter Zeitung und bis heute mit einem Viertel am Verlag beteiligt, steigt aus. Ihre Anteile gehen allerdings nicht, wie in der taz vor einer Woche irrtümlich berichtet, direkt an die Familie Schaub und ihre Medien-Union (Rheinpfalz). Sondern an einen der größten Medienkonzerne der Republik: An die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH; siehe Kasten), der bereits die restlichen 75 Prozent gehören und die nun im Vollbesitz der Stuttgarter Zeitung ist.

Mehrheits-Eigner der SWMH (44,36 Prozent) ist jedoch wiederum jene Medien-Union aus Ludwigshafen. Außerdem hatte Dannenmann, seit 1990 äußerst erfolgreicher Geschäftsführer der SWMH, bei der Verkündung des Deals am Donnerstag noch eine weitere Nachricht parat: Er selbst geht zum Jahresende. Die Stuttgarter Zeitung sucht nach dem abrupten Abgang von Peter Christ vor knapp drei Monaten zudem weiterhin einen neuen Chefredakteur. Das sind nicht eben unwichtige Personalien. Ohne die Schaubs geht dabei künftig in Stuttgart nichts mehr.

Das bekam auch Jürgen Dannenmann zu spüren: Er hätte gern trotz Erreichens der verlagsüblichen Altersgrenze von jungen 60 Jahren weitergemacht. Doch das konnte sich der „harte Hund“ Dannenmann abschminken, sagen Insider. Denn er habe seine Maßstäbe für die Stuttgarter Zeitung stets verteidigt. Das Blatt lege „größten Wert auf gründliche Analysen und bietet eine große Themenvielfalt in einer Qualität, die sie dem Charakter einer überregionalen Qualitätszeitung annähert“, so hat Dannenmann selbst sein publizistisches Credo formuliert. Das kostet Geld – und war den sparsamen Schaubs in Ludwigshafen stets ein Dorn im Auge. „Bei allen Problemen, die wir mit Dannenmann hatten, gab es einen verlegerischen Anspruch“, sagt ein Mitarbeiter der Stuttgarter Zeitung.

Die Gründerfamilie Schaub beherrscht mit ihrer Medien-Union ein Verlags- und Privatradio-Imperium mit einem Jahresumsatz von gut einer Milliarde Euro. In der Zeitungskrise nach dem ersten Internet-Crash 2001 blieb die Rheinpfalz trotz Anzeigeneinbruchs profitabel. Die Schaubs planten dennoch, „konsequent Kosten abzubauen“ (Thomas Schaub) – rund ein Drittel der Stellen sollten wegfallen. Zudem trat das Unternehmen aus dem Verlegerverband aus, um dessen für zu üppig befundenen Tarifabschlüssen zu entkommen. „Wenn Ludwigshafen kommt, dann gute Nacht“, heißt es in Gewerkschaftskreisen. Werde der neue Deal vom Kartellamt genehmigt, erwarten viele auch bei der Stuttgarter Zeitung „sehr schnell Sparmaßnahmen“.

Das Geld wird schon bald gebraucht – in Bayern. Denn der Holding bieten sich ab dem Sommer noch ganz andere Expansionsmöglichkeiten. Dann läuft bei der Süddeutschen Zeitung ein komplizierter Vertrag der fünf Altgesellschafter aus. Er regelte bislang die Vorkaufsrechte unter ihnen so, dass keiner ein Interesse hatte, auszusteigen. Erst nach Auslaufen dieser Regelung können die Anteile zum echten Marktwert verkauft werden. Mindestens zwei Alteigner sollen verkaufswillig sein. Und ein Käufer steht bereit: Die SWMH, die mit ihrer 150-Millionen-Euro-Finanzspritze 2002 die Süddeutsche vor der Pleite rettete, seitdem mit 18,75 Prozent am Verlag beteiligt ist – und dadurch praktischerweise ebenfalls Vorkaufsrechte hat.

Offizielles zu dieser kleinen, feinen Umwälzung im deutschen Zeitungsmarkt gibt es weder aus Stuttgart noch aus Ludwigshafen. Auch Jürgen Dannenmann ist trotz vielfacher Versuche nicht zu sprechen: „Ich kann Ihnen da auch nichts anderes sagen“, erklärt eine Mitarbeiterin. Auf die Anmerkung, dass die Stuttgarter Zeitung da bisher anders war und das Blatt doch zumindest noch nicht ganz ein Rheinpfalz-Unternehmen sei, muss sie – immerhin – lachen.