Bob! BOOOB!

Berlinale-Ortstermin: Robert De Niro ist da. Der amerikanische Mythos, bereit zum Befragen und Ablichten. Wer das Prinzip der Berlinale verstehen will, darf sich dieses Event nicht entgehen lassen

VON SUSANNE LANG

Diesmal soll es also um eine große Sache gehen. Für ihn heißt sie schlicht „Amerika“, eine trübe Leinwandwelt, in der die „CIA“ geboren wird. Für alle anderen, die sich in einen Konferenzsaal im Hyatt Hotel am Potsdamer Platz in Berlin quetschen, heißt die große Sache: Robert De Niro. Schauspieler und Produzent, mit seiner nun mehr zweiten Regiearbeit „The Good Shepard“ (Der gute Hirte) im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale vertreten. Ein ablichtbarer und befragbarer amerikanischer Mythos. Ganz in echt, an diesem Wochenende in Berlin. Was ein Ereignis!

Größe ist rund um den Potsdamer Platz eben eine sehr relative Angelegenheit, insbesondere wenn dort die virtuelle Welt der Filmfestspiele auf die sehr reale Kulissenstadt Berlin trifft. Da kann es grundsätzlich nicht schaden, die Stative der Kameras immer ein wenig höher geschraubt zu halten, als es die Konkurrenz tut.

Die journalistische Bilder- und Sinnproduktion jedenfalls feierte ihren ersten „Höhepunkt“ dieser Berlinale, wie prompt im Anschluss an die Pressekonferenz mit De Niro, seinem Hauptdarsteller Matt Damon und seiner Nebendarstellerin Martina Gedeck vermeldet wurde. Möglich gemacht hat ihn ein Spektakel, wie nur die Berlinale es veranstalten kann.

Faktisch betrachtet, ist folgendes geschehen: Robert De Niro erzählt in epischen 167 Minuten die Gründungsgeschichte des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA, fokussiert auf die Schlüsselfigur des Bürokraten und Eliteuni-Absolventen Edward Wilson, zugespitzt auf die historisch belegbare „Schweinebucht“-Operation von 1961 in Kuba, die von einem Spitzel verraten wurde. Abgesehen von wenigen Totalverrissen, sorgte der Film bisher nicht für großes Aufsehen, in den USA floppte er an den Kinokassen. Ab Donnerstag läuft er auch in Deutschland regulär in den Kinos. Aber jetzt, jetzt ist Berlinale-Time.

In ihrer kausalen Welt geschieht folgendes: Ein aktueller, gar zeitkritischer (also US-kritischer) Film muss die politische Ambition des Festivals untermauern. Ein internationaler Film, nicht nur mit und von Oscar-Preisträgern, sondern mit einer deutschen Schauspielerin, muss auf die deutsche Branche mit ein wenig Glanz abfärben. Also wird nachgefragt.

Kritisieren Sie die CIA für ihre aktuellen Vergehen? „Dies ist kein Film, der die Grenzenlosigkeit der Macht der CIA vordergründig kritisieren will. Aber natürlich zeige ich meine ehrliche Sicht als Bürger der USA auf die CIA und das Geschehen. Die Schlüsse daraus muss aber jeder Zuschauer für sich selbst ziehen“, sagt De Niro. Wie ist es mit seinem Film im Vergleich zu James-Bond-Thrillern? „Ich bin ein Kind des Kalten Krieges.“ Diese Epoche habe ihn „einfach fasziniert“. Wieder ein Vater-Sohn-Konflikt? „Ja, stimmt.“ Autobiografisch? „Der Autor der Romanvorlage hat es so geschrieben.“

Zu diesem Zeitpunkt bilden sich die ersten Medienmenschen ein bedeutendes Urteil: „Der ist aber schlecht gelaunt.“ Aber da hat De Niro längst das gelassene und distanzierte De-Niro-Lächeln aufgesetzt. Im Mediendeutsch wird es später „schmunzeln“ heißen. „Also, meine Frage“, sagt eine Journalistin im Lobrausch: „Was ist für Sie die Kernbotschaft des Films?“ De Niro: „Ich weiß es nicht.“ Wer so fragt, leistet sich auch eine Debatte über die Macht der Filmkritik.

Es hagelt ein zackiges „Setzen!“ aus der Reihe der Kameramänner – es gilt einem Kollegen, der die Sicht blockiert. De Niro lächelt sein Lächeln. Doch ja, mit Sicherheit hat er seinen Spaß an der Show. Warum sonst sollte er zu Beginn der Veranstaltung „schmunzelnd“ gestanden haben: „Na ja, ich muss euch hier ja ein bisschen Honig ums Maul schmieren. Aber wirklich: Es ist toll hier.“ Ja, und Martina Gedeck? Die war ganz toll, die Zusammenarbeit war vom ersten Tag an „großartig“.

Ein bisschen weiter entfernt, auf der Sicherheitskonferenz in München, reanimiert zur gleichen Zeit der russische Präsident Wladimir Putin den Kalten Krieg. Zumindest verbal. Wenn das mal keine runde Geschichte ergibt, in diesem politisch ambitionierten Festival namens Berlinale.