Wieder auf Walfang

Japan will die IWC „normalisieren“. Damit soll die kommerzielle Jagd auf Meeressäuger salonfähig werden

TOKIO rtr/taz ■ Kurz vor Beginn eines Treffens der Internationalen Walfangkommission (IWC) in Tokio haben sich Tierschützer eine Verfolgungsjagd mit einem japanischen Walfangschiff geliefert. Zunächst waren die Schiffe beider Seiten im Südpolarmeer kollidiert. Sie gaben sich gegenseitig für den Zwischenfall die Schuld. Ein japanischer Behördensprecher bezeichnete die Walfanggegner gestern als Terroristen. Der australische Umweltminister Malcolm Turnbull forderte von den Aktivisten der Sea-Shepherd-Naturschutzgruppe, auf Gewalt zu verzichten. Sie sollten sich zurückhalten, bevor noch jemand getötet würde.

Japan will auf dem Treffen nach Meinung von Umweltschützern eine Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs durchsetzen. 26 Länder, die sich hingegen für einen weiteren Schutz der Tiere aussprechen, boykottieren die dreitägige Veranstaltung mit dem Titel „Konferenz zur Normalisierung der Internationalen Walfangkommission“. Japan ist der Ansicht, die IWC habe durch den jahrzehntelangen Grabenkrieg zwischen Befürwortern und Gegnern des Walfangs seine Aufgabe aus den Augen verloren. Diese bestehe darin, die Jagd zu kontrollieren, aber nicht zu blockieren.

Umweltschutzorganisationen glauben, die asiatische Walfängernation wolle weniger die IWC „normalisieren“ als die kommerzielle Jagd. Mit anderen Worten: Mit der Konferenz in Tokio werde die Aufhebung des Fangmoratoriums von 1986 vorangetrieben. Dies wird von den Fischereibehörden in Tokio dementiert. Greenpeace bezichtigte die japanische Regierung, sie versuche mit dem Treffen die Kontrolle der IWC zu übernehmen. Die meisten der teilnehmenden Länder seien gekauft worden.

Im Mai 2006, am offiziellen Jahrestreffen der 72 IWC-Mitgliedstaaten, kippte das Stimmengewicht zugunsten der Walfängernationen, zu denen auch Norwegen und Island zählen. Das von Japan angeführte Lager entschied erstmals wichtige Abstimmungen für sich.

Nun will Tokio die Gespräche außerhalb der IWC weiterführen. Die Kommission befinde sich in einer sehr kritischen Situation, warnte Hideki Moronuki von der japanischen Fischereiagentur. „Wir versuchen, die IWC zu retten – es gibt nur noch wenige Möglichkeiten dazu.“ Tokio hatte bereits früher mit dem Austritt aus der IWC gedroht, wenn sie ihre „Funktionstüchtigkeit“ nicht wiedererlange.

Keinen Bedarf für diese Konferenz sehen hingegen die prominenten Walschützernationen USA, Großbritannien, Neuseeland und Australien. Sie haben die Einladung nach Tokio ausgeschlagen. Japan trachte danach, den Wirkungskreis der IWC einzuschränken, ließ ein australischer Regierungssprecher ausrichten. Das offizielle IWC-Jahrestreffen findet im Mai in den USA statt. MARCO KAUFFMANN