Frömmelnde Fröhlichkeit

Seichter Dudelfunk mit christlichen Botschaften: „Radio Paradiso“ funkt seit einem Jahrzehnt die Gute Nachricht

Zehn Jahre „Radio Paradiso“! Was bei anderen kommerziellen Rundfunkern in einer feuchtfröhlichen Party gipfeln würde, zelebriert der Evangelen-Sender ganz züchtig – mit einem Gottesdienst. Der Star dieser Veranstaltung ist zugleich der Star aller deutschen Protestanten: Bischof Erwin Huber hält in der Berliner Immanuel-Kirche die Lobrede auf die kleine kirchliche Enklave mit einer Inbrunst, als müsste er noch immer für diesen Radio-Exoten werben.

Dabei, so Huber, kommt doch längst jeder dritte Hauptstadtbewohner täglich mit dem „Softmix mit der täglichen Guten Nachricht“ in Kontakt. In Taxis, Supermärkten, Wartezimmern und Kosmetikstudios, selbst in Großraumbüros – überall wird man mit frommer Fröhlichkeit zugetextet.

Für den Bischof ist „Radio Paradiso“ mit seinen „kurzen und knackigen“ christlichen Botschaften ein tolles Mittel, um „Skeptiker vom Evangelium zu überzeugen“. Warum dazu ausgerechnet Uralt-Easiest-Listening-Gedudel von Phil Collins & Co. nebst vor Lebensbejahung überquellenden ModeratorInnen gut sein soll, verschweigt er aber.

Finanziert von Kirchenmitteln und mit dem Segen des obersten Protestanten in Deutschland tut „Paradiso“ natürlich auch so Gutes: Da werden Schlafsäcke für Obdachlose gesammelt oder „Schulweg-Schutzengel“ für Grundschüler rekrutiert – damit es eines Tages, wovor Gott uns bewahren möge, tatsächlich einen deutschlandweit empfangbaren Christensender geben wird. PATRICK STELLER