Höhere Kosten für Dreckschleudern

Bundesumweltminister Gabriel will die kostenlosen Verschmutzungsrechte für Braunkohlekraftwerke reduzieren. Er reagiert damit auf Vorgaben der EU-Kommission. Stromkonzerne RWE und Vattenfall kritisieren die „Benachteiligung“ ihrer Anlagen

VON HANNES KOCH

Die Verbrennung von Braunkohle ist die schmutzigste Art, in Kraftwerken Elektrizität zu erzeugen. Nun soll die Verstromung von Braunkohle etwas sauberer werden. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will neuen Braunkohlekraftwerken weniger kostenlose Verschmutzungsrechte zubilligen. Sie sollen nicht mehr klimaschädliches Kohlendioxid zum Nulltarif ausstoßen als Steinkohlekraftwerke. Für Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ist das ein konfliktträchtiger Punkt, und auch die Stromkonzerne RWE und Vattenfall kritisieren die „Benachteiligung“ der Braunkohle.

Vier Braunkohlekraftwerke mit hoher Emissionsbelastung sind augenblicklich in Deutschland geplant oder im Bau: RWE will das erneuerte Kraftwerk Weisweiler 2007 in Betrieb nehmen. Der Neubau in Neurath soll 2010 folgen. Vattenfall will seine Anlage in Boxberg 2011 eröffnen. Die Mibrag hat für ihr Kraftwerk in Profen noch keinen Termin genannt.

Für diese vier Anlagen würden ab 2008 andere Bedingungen gelten als bislang geplant. Denn die Bundesregierung muss auf die Forderung der EU-Kommission eingehen, den deutschen CO2-Ausstoß insgesamt stärker zu reduzieren. Nun soll die deutsche Industrie pro Jahr nur noch 456,1 Millionen Tonnen CO2 kostenlos in die Atmosphäre abgeben, 9 Millionen Tonnen weniger, als Gabriel ursprünglich vorgesehen hatte. Die 9 Millionen Tonnen müssen irgendwo eingespart werden – zum Beispiel bei den Emissionen der Braunkohlekraftwerke.

In seinem neuen Entwurf für den Nationalen Allokations- plan II, der die Verschmutzungsrechte ab 2008 regelt, stellt Gabriel die Braunkohlekraftwerke auf eine Stufe mit den Steinkohlekraftwerken. Obwohl Erstere in der Regel viel mehr Kohlendioxid freisetzen als Letztere, werden sie die gleiche Menge an kostenlosen Emissionszertifikaten erhalten.

Die Folge: RWE und Vattenfall müssten für ihre Braunkohlekraftwerke zusätzliche Verschmutzungsrechte kaufen. Das schmälert den Gewinn. Aber es wirkt auch als langfristiger Anreiz, sauberere Kraftwerke zu bauen. Und es ruft Wirtschaftsminister Glos auf den Plan. Gabriels Vorschlag müsse noch abgestimmt werden, ist zu hören. Im Wirtschaftsministerium befürchtet man, die höheren Kosten könnten RWE und Vattenfall veranlassen, geplante Investitionen in Frage zu stellen.

Eine Sprecherin von RWE beschwert sich denn auch über die „Benachteiligungen“, die Gabriel der Braunkohle aufbürden wolle. Zusätzlich fordert sie eine höhere „Zuteilungsmenge“ bei den Verschmutzungszertifikaten. Mit einem kostenfreien Ausstoß von 954 Gramm CO2 pro Kilowattstunde könne RWE leben, die jetzt geplanten 750 Gramm seien aber zu wenig. Von einem Stopp der Bauarbeiten am halbfertigen Braunkohlekraftwerk Neurath will RWE aber trotzdem nichts wissen. Ähnliches lässt Vattenfall verlauten. „Die Investition steht nicht in Frage“, sagte Firmen-Sprecher Markus Füller.