Linke prügelt sich um Sparkasse

Scharfe Töne gegen die Berliner Genossen: Bei einem Verkauf der Berliner Landesbank müsste die Linkspartei die Koalition verlassen, fordert Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Partei im Bundestag

VON ULRICH SCHULTE

Diese verdammte Sparkasse. Sie nervt. Eigentlich möchte die Berliner Linkspartei gar nicht darüber reden. Das öffentlich-rechtliche Geldinstitut, das der Senat bis Herbst verkauft haben will, ist wieder so ein neuralgischer Punkt. Einer, der die regierenden Genossen in quälende Selbstzweifel stürzt. „Natürlich sorgt das für Aufregung“, ist im Landesverband zu hören. „Aber mit der kategorischen Forderung, sie nicht zu verkaufen, fährt man das Ding doch bewusst gegen die Wand.“

Die kategorische Forderung kommt nicht von irgendwem, sondern von Oskar Lafontaine. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag will den Verkauf unbedingt verhindern – und hat ihn zum „Lackmustest für die Glaubwürdigkeit der Linken“ erklärt. Das Ding, das an der Wand landen könnte, ist also die rot-rote Koalition. Kurz vor der bundesweiten Fusion von Linkspartei und WASG wird die Sparkasse zum Symbol.

Und nicht nur Lafontaine, der gerne Chef der neuen Linken werden würde, prügelt auf die Berliner Genossen ein. Teile beider Parteien zitieren den Casus Sparkasse als Beispiel für verhasste Privatisierungen. Er wird die für Juni geplante Vereinigung zwar nicht gefährden, aber überschatten. „Manche in der WASG verbreiten mit dem Thema Panik“, sagt WASG-Bundesvorstandsmitglied Axel Troost. Er ist der Finanzexperte der Bundestagsfraktion der Linkspartei.

Troost weiß um die Zwickmühle, in der die Landespartei steckt, deren Fraktion am Wochenende in Klausur ging. Das hochverschuldete Berlin muss die Landesbank Berlin (LBB), zu der die Sparkasse gehört, verkaufen. Nur unter dieser Voraussetzung hat die EU die milliardenschwere Risikoabschirmung erlaubt, mit der der Senat 2002 die Bankgesellschaft vor dem Bankrott rettete. „Wir kommen um diese Geschichte nicht herum“, sagt Troost. Schlimmer noch: Nach EU-Recht muss der Verkauf diskriminierungsfrei ablaufen, Landesbanken dürfen ebenso zugreifen wie Heuschrecken.

Doch statt komplizierte EU-Richtlinien herzubeten, profiliert sich manch WASGler lieber mit Polemik, allen voran Lafontaine. Wenn in Berlin der Durchbruch der Privatisierung gelänge, wetterte er auf dem Parteitag im November, „dann gibt es auch andernorts kein Halten mehr“. Und, so legte er am Wochenende nach, bei einem Verkauf an eine Heuschrecke „müsste die Linkspartei die Koalition verlassen“.

Um das öffentliche Ankeifen vor dem Zusammenschluss von Linkspartei und WASG rechtzeitig zu beenden, haben sich im Januar die Spitzen von Landesverband und Bundestagsfraktion in kleiner Runde getroffen. Alle vier Wochen sollen weitere Treffen folgen. „Es geht darum, die Diskussion wieder auf einer vernünftigen Ebene zu führen“, sagt Landessprecher Thomas Bartel. Man könnte sagen: Klaus Lederer und Wirtschaftssenator Harald Wolf erteilen Nachhilfe.

Insgeheim sind alle Genossen heilfroh, dass der Verkauf erst im Herbst über die Bühne geht, Monate nach der Fusion. Und sie hoffen, dass ein politisch korrekter Bieter den Zuschlag erhält. Er sei gespannt, „ob der öffentlich-rechtliche Bereich stark genug ist, zu verhindern, dass Berlin eine privat geführte Sparkasse erhält“, sagt Wolf.

Laut Finanzverwaltung haben 19 Bieter Interesse an der Perle der Bankgesellschaft mit ihrem dichten Filialnetz angemeldet. Die meisten haben eine Eingangsprüfung überstanden und müssen bis zum 18. März ein erstes Angebot bei Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) abgeben, der an den Verkauf Jobgarantien knüpfen will. Bis Ende des Jahres muss der Deal abgeschlossen sein, so will es die EU. Insider erwarten einen Erlös zwischen vier und sieben Milliarden Euro.

Die Linkspartei drückt vor allem den öffentlich-rechtlichen Bietern, also den Landesbanken und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband, die Daumen. Bekämen sie den Zuschlag, bliebe die Sparkasse in öffentlicher, nur eben nicht in der Berliner Hand. Eine „Privatisierung light“ ließe sich gegenüber der Basis gut vertreten. Leider bieten auch potente Private mit, zum Beispiel die Commerzbank (Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller: „Wir können das wuppen.“). Vor ihrem Erfolg graut es den Linken. „Das würde zu einem erheblichen Aufruhr führen“, heißt es in der Bundestagsfraktion.