Klima kostet

VON TARIK AHMIA

Alle wollen etwas für die Umwelt tun – nur kosten darf es nichts. So lautet das bisherige Fazit über die Umgestaltung der Kfz-Steuer, die sich nach den Plänen der Bundesregierung in Zukunft nach dem Kohlendioxid- (CO2) und Schadstoffausstoß richten soll. Die Kfz-Steuer fließt vollständig den Ländern zu und brachte ihnen im vergangen Jahr knapp neun Milliarden Euro ein. Bundesverkehrsminister Tiefensee (SPD) sicherte den Ländern zwar zu, dass sie durch die Umstellung nicht draufzahlen sollen. Doch wie sie für mögliche Ausfälle entschädigt werden, stand bis gestern noch in den Sternen. Dabei will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) das entsprechende Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden. Die Länder sind offenbar verhandlungsbereit.

„Wenn Herr Gabriel seinen Worten Taten folgen ließe, könnte man sich schnell einigen“, sagte der niedersächsische Finanzminister Harmut Möllring der taz. Möllring kann sich vorstellen, die Kfz-Steuer dem Bund zu überlassen, um künftige Auseinandersetzungen zwischen dem Bund und den Ländern zu vermeiden. „Dann kann der Bund damit machen, was er will.“ Dafür würden die Länder eine Entschädigung verlangen. Möllring hat dafür auch schon einen konkreten Vorschlag: „Am einfachsten wäre es, die Kfz-Steuer gegen die Versicherungssteuer zu tauschen.“ Die Versicherungssteuer hat mit knapp neun Milliarden Euro ein ähnliches Aufkommen wie die Kfz-Steuer.

Verfassungsrechtliche Bedenken waren gestern aus dem Bundesfinanzministerium zu hören. Bisherige Planungen sehen vor, künftig nur den CO2-Ausstoß von Autos ab der seit dem Jahr 2000 gültigen Schadstoffklasse Euro 3 zu besteuern, da es für ältere Pkws keine gesicherten Daten gebe. Weil dadurch alte Spritfresser bessergestellt würden, plädieren die Beamten des Finanzministeriums dafür, eine am Schadstoff-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer nur für Neufahrzeuge einzuführen.

Unter Fachleuten ist auch umstritten, ob die gewünschte Klimawirkung mit einer Klima-Kfz-Steuer überhaupt zu erreichen ist. Kritik kommt etwa vom Autoexperten Ferdinand Dudenhöfer von der FH Gelsenkirchen. „Es ist schon jetzt absehbar, dass der Vorschlag nicht geeignet ist, den von der EU festgelegten CO2-Wert von 130 Gramm je Kilometer ab 2012 umzusetzen.“ Dudenhöfer hält die Steuerpläne der Bundesregierung deshalb für „eine Feigenblattaktion“.

Selbst das Spitzenpersonal der Grünen ist sich über eine Klimasteuer für Autofahrer uneins. „Der gerechte Weg wäre es, das über die Mineralölsteuer zu machen. Aber das haben die Länder total blockiert“, sagte gestern die Grünen-Vizevorsitzende Bärbel Höhn im Deutschlandradio Kultur. Höhns Forderung schloss sich gestern auch der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) an, der eine „Komplettbesteuerung an der Zapfsäule forderte“. Dem widerspricht die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast. „Eine höhere Mineralölsteuer belastet diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind“, sagte Künast.

„Das Verhalten der Autofahrer wird durch eine höhere Mineralölsteuer kaum umweltfreundlicher“, glaubt Uwe Kunert, Verkehrsexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Das würden bisherige Erfahrungen belegen, weil Autokäufer die Auswirkung der Mineralölsteuer für die Betriebskosten nicht ausreichend überblicken. „Eine ökologisch orientierte Kfz-Steuer schafft einen konkreten Anreiz, umweltfreundliche Fahrzeuge anzuschaffen“, sagte Kunert der taz. Auch Kunert warnt davor, nur die Mineralölsteuer anzuheben, weil dadurch der Tanktourismus noch zusätzlich gefördert würde. „Allein durch die entgangene Dieselsteuer von Lkws, die im Ausland tanken, verliert der Fiskus zwei bis drei Milliarden Euro im Jahr“, erklärt Kunert.