Moderne bekommt Gegenwind

Architekturkonservative wollen per Bürgerbegehren den Neubau auf der Museumsinsel verhindern. Der von David Chipperfield geplante Glasriegel sei zu modern. Ihre Chancen stehen allerdings schlecht: Mit dem Bau soll schon 2009 begonnen werden

Kaum ist die allgemeine Freude über das strahlend renovierte Bode-Museum verklungen, droht auf der Dauerbaustelle Museumsinsel neuer Zwist. Gegner eines geplanten modernen Neubaus, darunter TV-Moderator Günther Jauch und die Publizistin Lea Rosh, rufen jetzt zum Volksbegehren auf. Mit ihrer heute startenden Unterschriftenaktion wollen sie erreichen, dass die Neubaupläne bis zum Abschluss aller Sanierungsmaßnahmen auf der Insel 2015 vertagt oder am besten ganz fallen gelassen werden. Damit das Volksbegehren zustande kommt, müssen 20.000 BerlinerInnen unterschreiben.

Konkret richtet sich das Ansinnen der Bürgerbewegten gegen einen Entwurf des Stararchitekten David Chipperfield, der auch mit dem Umbau des Neuen Museums betraut ist. Der Neubau, die sogenannte James Simon Galerie, die der Architekt im Auftrag der Stiftung Preußischer Kulturbesitz seit 1999 entwickelt, soll künftig als zentrales Eingangsportal der Museumsinsel fungieren. Zwischen Pergamonmuseum, Altem Museum und Kupfergraben sollen ein Besucherzentrum mit Buchladen und Restaurant sowie zusätzliche Ausstellungsflächen entstehen.

Die Galerie soll zugleich die Museumsgänger in die geplante „archäologischen Promenade“ hinabführen, die sämtliche Häuser unterirdisch verbinden soll. James Simon Galerie und unterirdische Promenade bilden zusammen mit der Rekonstruktion des Neuen Museums die Eckpfeiler für den sogenannten Masterplan, mit dem das Weltkulturerbe für insgesamt 1,2 Milliarden Euro aus Bundesmitteln saniert werden soll.

Wogegen die Chipperfield-Gegner Sturm laufen, ist die äußere Form des Baus, der ihrer Ansicht nach den Blick über den Kupfergraben versperrt. Der Engländer David Chipperfield ist einer der renommiertesten Gegenwartsarchitekten. Sein Entwurf, dessen endgültige Gestalt Anfang nächsten Jahres öffentlich bekannt gegeben werden soll, sieht am Eingang zur Museumsinsel einen länglichen Riegel aus Stahl und Glas vor.

Genau den können sich seine Gegner aber gar nicht an jenem Platz vorstellen, an dem einst Karl Friedrich Schinkels berühmter „Packhof“ stand. Statt moderner Neuinterpretationen fordern die Traditionalisten – ebenso wie für die Rekonstruktion des Neuen Museums – eine am ästhetischen Gesamteindruck des Weltkulturerbes angelehnte historisierende Bauweise.

Stefanie Heinlein von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigt sich gelassen ob des Gegenwinds. Der Architekt sei dabei, seinen auch in Kulturszene und Medien heftig kritisierten Entwurf zusammen mit der Stiftung zu überarbeiten. Bei der modernen Stilrichtung bleibe es, doch das Gebäude werde sich harmonisch in die klassizistische Umgebung einfügen, sagte Heinlein. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz rechnet mit einem Baubeginn 2009, die Fertigstellung ist für 2012 angestrebt. Damit wurde der Neubau, der erst nach 2015 vorgesehen war, vorgezogen. Im November hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags 73 Millionen Euro für den Bau des Eingangsgebäudes bewilligt und damit der Forderung von Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann nach einer zügigen Weiterführung des Masterplans entsprochen. Nina Apin