CDU: Legalize it!

NRW-CDU und FDP-Innenminister fordern flächendeckende Abgabe von Heroin an Schwerst-abhängige. Gemeinsam mit Hamburg und Hessen wollen sie im Bundesrat ein Gesetz durchbringen

VON NATALIE WIESMANN

Nordrhein-Westfalens CDU entdeckt ihr Herz für Junkies. Sie fordert ebenso wie SPD, FDP und Grüne ein Gesetz zur kontrollierten Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige. „Wir haben die Wahl, die Menschen jämmerlich sterben zu lassen, oder sie mit Medikamenten zu versorgen“, sagte Helmut Stahl, Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion gestern der taz. Wie Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) will er das Projekt auf andere stark Abhängige erweitern. Beide unterstützen eine entsprechende Bundesratsinitiative aus Hessen und Hamburg.

Stahl hat sich in seiner Heimatstadt Bonn „ein Bild von der Lage gemacht“. Denn seine Stadt ist mit Köln die einzige in Nordrhein-Westfalen, die in einem Modellprojekt seit 2002 synthetisches Heroin (Diamorphin) an Schwerstabhängige abgibt. Der Versuch, an dem bundesweit 1.036 und in NRW etwas über hundert Junkies teilnehmen, läuft am 30. Juni aus.

Gegen die Beendigung der Projekte liefen die beteiligten Kommunen Sturm: Sie sahen bei einem Abbruch nicht nur das Leben einiger Probanden in Gefahr. Sie konnten zudem auf einen Bericht des Zentrums für interdisziplinäre Suchtforschung vom März 2006 verweisen: Demnach lassen sich mit dem Heroin auf Rezept im Vergleich zu der herkömmlichen Methadontherapie deutlich bessere Resultate erzielen. In Bonn etwa kommen laut Stadtsprecherin inzwischen 14 der anfangs 50 Schwerstabhängigen im Programm ohne Heroin aus. Bei neun weiteren Probanden besteht die Prognose, dass sie Ende des Jahres ihre Therapie erfolgreich beenden können.

Trotz der Einwände von Gegnern wie CSU-Generalsekretär Markus Söder, der Staat dürfe „nicht zum Dealer werden“, hat sich jetzt auch die Bundes-CDU dazu durchgerungen, die Modelle weiterlaufen zu lassen. Den Unions-geführten Ländern Hessen Hamburg und NRW reicht das nicht, sie plädieren für eine Ausweitung. Sie wollen eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, nach der das Heroin-Substitut Diamorphin beim Bundesinstitut für Arzneimittel als Medikament zugelassen werden soll. Erst dann können die Krankenkassen in die Finanzierung eingebunden werden.

Innenminister Wolf will mit dem Heroin auf Rezept die Beschaffungskriminalität bekämpfen: „Ohne die kontrollierte und kostenlose Abgabe braucht ein Heroinabhängiger pro Tag etwa 100 Euro“, rechnet er vor. Wenn sich Süchtige mit Wohnungseinbrüchen und Raub Geld beschaffen, beeinträchtige das „die innere Sicherheit“. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ist für die Weiterbehandlung der Patienten in Bonn und Köln, setzt sich aber nicht explizit für eine Gesetzesänderung ein. „Nun ist der Bund gefordert, gemeinsam mit Ländern und Kommunen eine Lösung über diesen Zeitraum hinaus zu finden“, sagt er.

Der Kölner Sucht-Beauftragte Herbert Berger glaubt nicht, dass ein Gesetz zur kontrollierten Heroinabgabe kommt: „So wie die CDU im Bund redet, können wir froh sein, wenn die bestehenden Modelle weiterlaufen“, sagt er.