Tiere in Häuserschluchten

Der Karikaturist Bernd Pfarr malte seine so knuffigen wie verstörenderen Cartoons in Acryl. In Oldenburg erhalten seine Gemälde jetzt einen Platz im Museum

Sie blockieren die Landstraße mit ihren Seilkunststückchen und produzieren damit den berühmten Stau aus dem Nichts. Als Reittier für flüchtige Bankräuber sind sie komplette Versager und auch als Vertreter für Präzisionsgewehre alles andere als überzeugend. Tiere sind in Bernd Pfarrs Universum der Sand im Getriebe, verlorene Fremdlinge zwischen Häuserschluchten und gesichtslosem Verkehr. Der Bär auf dem Seil, der Hirsch am Lenkrad, der Hund mit der Graffiti-Spraydose. Erst die lakonische Bildunterschrift gibt diesen absurden Bildern ihre Pointe.

Zwanzig Jahre hat Bernd Pfarr mit seinem Krebsleiden gekämpft, doch immer weiter lustige Bilder gemalt: Für die Titanic, die Zeit, als Illustrator etwa für Elke Heidenreich und für eigene Bücher und Comics. „Kaum eine deutsche Comicfigur ist so in das kollektive Gedächtnis eingegangen wie sein Buchhalter Sondermann“, sagt Bernd Eilert. Er war Pfarrs Weggefährte in der „Neuen Frankfurter Schule“, die in den siebziger Jahren antrat, um Adorno und Horkheimer in Sachen Gesellschaftskritik mit den Mitteln der Satire Konkurrenz zu machen. Eilert ist gebürtiger Oldenburger und als Drehbuchautor von Otto Waalkes quasi Berufsnordlicht. Gemeinsam mit Bernd Küster, dem Leiter des Oldenburger Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte, hat er schon 2005 die Künstler der Neuen Frankfurter Schule zu einer Ausstellung in Oldenburg versammelt. Im Jahr davor war Pfarr mit erst 45 Jahren gestorben, und die Ausstellung wurde so etwas wie eine Retrospektive.

So entstand die Idee, zwei Räume in der Dauerausstellung des Prinzenpalais Bernd Pfarr zu widmen. Im ehemaligen Spielzimmer der Oldenburger Prinzen ist eine Auswahl seiner Gemälde präsentiert. Genau, Gemälde: Während andere Karikaturisten auf Skizzenblöcken in der Größe der später abgedruckten Grafik stricheln, lieferte Pfarr pünktlich zum Redaktionsschluss ein komplettes Acrylgemälde ab.

Pfarr greift urbane Stimmungsbilder auf. Der Jagdgewehre verkaufende Hirsch Heribert verliert sich in einer Downtown-Szenerie mit Mietskasernen, Flachdachbaracken und einem tiefroten Himmel, die einem PopArt-Künstler Ehre gemacht hätte. Gerne knautscht Pfarr die Perspektive zu engen, so knuffigen wie erdrückenden Landschaftsstapeln zusammen.

Doch bevor der Besucher zu den Gemälden vordringt, sieht er eine Inspirationsquelle des Künstlers: die Blechspielzeug-Sammlung. „Als Kind hat er die Sammlung seines Onkels nur hinter Cellophan anschauen dürfen“, sagt seine Witwe Gabriele Pfarr. „Das hat wohl etwas bei ihm ausgelöst.“ Nach dem Tod des Onkels übernahm er die Sammlung und baute sie zu einer der bedeutendsten in der Welt aus. ANNEDORE BEELTE

Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Prinzenpalais, Damm 1, Eröffnung am 4. März, 11 Uhr