Neonazis dürfen nicht in Ehrenämter

Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern will die Rechtsextremen aus Feuerwehr und Bürgermeisteramt fernhalten. Ein entsprechender Erlass ging an die Kommunen. Die sollen künftig die Gesinnung von Amtsbewerbern per Fragebogen testen

VON DANIEL SCHULZ
UND ANDREAS SPEIT

In Mecklenburg-Vorpommern sollen Rechtsextreme künftig weder ehrenamtliche Bürgermeister noch Chef der Feuerwehr werden dürfen. Mit einem Erlass will das Innenministerium verhindern, dass Mitglieder von NPD und DVU besonders auf dem Land weitere Anhänger durch Mitarbeit in Vereinen oder Kommunalpolitik gewinnen.

„Eine wehrhafte Demokratie kann sich solches Treiben auf Dauer nicht leisten“, meint Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei die Pflicht eines jeden Beamten und darum auch der Ehrenbeamten. Gegenüber der taz kritisierte Elmar Brähler, Autor der Rechtsextremismus-Studie „Vom Rand zur Mitte“, den Erlass: „Das verschafft den Rechtsextremen eine Märtyrerrolle.“ Rechtsextremismus sei zudem kein NPD-Phänomen. „Mit solchen Aktionen verdrängen SPD und CDU das Problem in ihren eigenen Reihen.“

NPD-Mitglied zu sein, reicht allerdings gar nicht nicht aus, um künftig von Ehrenämtern ausgeschlossen zu werden. Vielmehr sollen die Wahlausschüsse in den Kommunen bei Bewerbern per Fragebogen die Verfassungstreue überprüfen. Die Fragen sollen sich mit dem Demokratieprinzip, der Meinung zum Holocaust und der Ansicht über Migranten beschäftigen.

Caffiers Partei und deren Koalitionspartner SPD finden den Vorschlag des Innenministers toll. Ebenso die PDS. Deren Parteichef Peter Ritter fordert die Regierung auf, noch weiter zu gehen „und die Wiederbelebung faschistischen Gedankenguts in der Verfassung zu ächten“. Auch der Landessportbund schwört auf die Caffier-Linie. Brandenburgs Justizministern Beate Blechinger überlegt inzwischen, den „Radikalenerlass“ auch in ihrem Land einzuführen: „Das ist ein interessanter Ansatz“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Sie wolle prüfen, ob das Vorhaben rechtlich durchsetzbar sei.

Daran zweifelt der Städte- und Gemeinderat von Mecklenburg-Vorpommern. Ein Sprecher des Verbandes sagte dem NDR, er fürchte rechtliche Auseinandersetzungen, die sogar zu Wahlwiederholungen führen könnten. Inhaltliche Kritik kommt zudem von den nicht im Landtag vertretenen Grünen und den Anti-rechts-Initiativen. „Autoritäres Gedankengut mit autoritären Maßnahmen zu bekämpfen wird nicht helfen“, sagt Grünen-Sprecher Jürgen Suhr. Außerdem sei völlig unklar, wie die Angaben in den Fragebogen überprüft werden sollten.

Dass ein Gesinnungstest gegen Rechtsextreme hilft, bezweifeln auch Thorsten Schäfer vom Netzwerk für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz in Wismar und der langjährige Anti-rechts-Aktivist Günther Hoffmann. Zwar teilen beide die Ansicht des Innenministeriums: Neonazis versuchten sich zunehmend als nette Nachbarn und hilfsbereite Vereinsmitglieder zu präsentieren.

Doch für Hoffmann ist eine „Hau-drauf-und-Schluss-Politik“ keine Lösung. Sie könne rechtsextreme Einstellungen sogar befördern, weil die Wahlfreiheit der Menschen beschnitten werde. Sie plädieren dafür, die Diskussion über Rechtsextremismus in den Vereinen und Feuerwehren anzuregen. Dieser Weg sei zwar mühsam, aber langfristig gesehen wirksamer. „Die Sensibilität gegen rechte und rassistische Einstellungen vor Ort muss sich erhöhen“, sagt Schäfer.

Die NPD erkärte unterdessen, rechtliche Schritte einzuleiten.

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