33 Frauen im Iran festgenommen

Bei einer Kundgebung in Teheran werden Aktivistinnen für Frauenrechte ins berüchtigte Evin-Gefängnis gesteckt. Dem Regime ist ihre Unterschriftenkampagne für Gleichberechtigung schon lange suspekt. Am 8. März soll erneut demonstriert werden

„Wir werden euch alle an den Bäume aufhängen“, sagt ein Beamter

VON BAHMAN NIRUMAND

Bei einer Kundgebung in Teheran sind am Sonntag 33 Frauen festgenommen worden. Der Protest von rund hundert Frauen und Männern, die sich vor dem Revolutionsgericht versammelt hatten, richtete sich gegen die Einbestellung von fünf bekannten Frauenrechtlerinnen, die vom Untersuchungsrichter verhört werden sollten. Diesen Frauen, die im vergangenen Juni an einer Kundgebung teilgenommen hatten, wird vorgeworfen, öffentlichen Aufruhr gestiftet, die nationale Sicherheit des Landes gefährdet und Grundsätze der islamischen Moral und Ethik missachtet zu haben.

Bei der damaligen Kundgebung hatten einige hundert Frauen und Männer gegen die Missachtung der Rechte der Frauen demonstriert. Aus dieser Protestkundgebung wurde die Idee geboren, eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften für Gleichberechtigung zu machen.

Bei der Umsetzung der Idee gab es zunächst Schwierigkeiten, denn es war nicht einfach, die zahlreichen Frauenorganisationen, deren Ziele und Vorstellungen von Frauenemanzipation zum Teil weit auseinanderklaffen, unter einen Hut zu bringen. Doch seit einigen Monaten läuft nun die „Kampagne eine Million Unterschriften für Gleichberechtigung“. Im ganzen Land sind hunderte von Frauen unterwegs, sie gehen von Haus zu Haus, sprechen die Leute auf den Straßen, in Bussen und Sammeltaxis an, gehen zu Zeitungsredaktionen, zu den Moscheen, Hochzeits- und Trauerfeiern, kurz: überall dorthin, wo sie Frauen antreffen können.

Bei der bislang erfolgreichen Kampagne geht es nicht in erster Linie um die islamischen Kleidungsvorschriften, die in den westlichen Medien gewöhnlich als Zeichen der Frauenunterdrückung in islamischen Ländern interpretiert werden. Weit wichtiger sind für die Frauen Themen wie das Scheidungsrecht, das Sorgerecht, die Abschaffung der Polygamie oder das für Mädchen und Jungen unterschiedliche Mindestalter für Straffähigkeit. Nach geltendem Recht sind Mädchen schon mit 9 Jahren straffähig, Jungen erst mit 15 Jahren.

Über die Kampagne wird auf der gemeinsamen Homepage, die die Frauenorganisationen eingerichtet haben, kontinuierlich berichtet. Dabei werden die bestehenden Gesetze und die gesellschaftliche Stellung der Frauen im Iran gründlich analysiert. Die Homepage wurde mehrmals gefiltert, aber stets wurde schon tags darauf eine neue eingerichtet. Die aktuellste Adresse ist info@herandmag.com. Für das Regime ist es äußerst schwierig, der Kampagne beizukommen. Wie soll es verhindern, dass Frauen auf der Straße Leute ansprechen oder Hausbesuche machen?

Die Demonstration am Sonntag bot Ordnungshütern und Geheimdienstlern offenbar eine willkommene Gelegenheit, aktive Frauen festzunehmen. Zunächst wurden die Versammelten aufgefordert, auseinanderzugehen. Dann wurden sie von Polizisten und Beamte in Zivil angegriffen. „Wir werden euch alle an den Bäumen aufhängen“, zitierte eine Teilnehmerin einen Beamten, der wütend um sich schlug und dabei einige Teilnehmer verletzte. Als die Versammelten sich auf das in der Verfassung verankerte Recht auf friedliche Versammlung beriefen, wurden 33 der Teilnehmerinnen in Polizeiwagen gesteckt, zunächst zur Haftanstalt für sittenwidriges Verhalten und danach zum Eviner Gefängnis gebracht, in die Abteilung 200, die dem Geheimdienst untersteht. Das Schicksal der Festgenommenen ist ungewiss. Ungeachtet dieser Vorgänge haben die Frauen für den 8. März, den Internationalen Frauentag, zur Teilnahme an einer Demonstration aufgerufen.

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