Spielt nicht mit dem Fernsehturm!

Die Deutsche Telekom will den prestigeträchtigen Turm verkaufen. Damit könnte auch die werbewirksame Außenfläche einem privaten Investor in die Hände fallen. Droht Berlin eine Dauerwerbefläche?

VON TIM WESTERHOLT
UND ULRICH STERN

Um die Nutzung des Berliner Fernsehturms ist ein Streit entbrannt. Die Deutsche Telekom hatte angekündigt, die Deutsche Funkturm GmbH (DFMG), zu der auch der 368 Meter hohe Turm gehört, zu verkaufen. Ob damit auch die Außenflächen dauerhaft privaten Investoren zu Werbezwecken zur Verfügung stehen, ist jedoch unklar.

Gottfried Kupsch, Berliner Makler für große Gewerbe-Immobilien, sieht bereits große Werbekampagnen auf die Stadt zukommen. „Warum nicht eine H&M-Kugel?“, sagte er der taz. „Auch an der Säule könnte man prima eine Leuchtreklame anbringen.“ Für Kupsch ist der Turm ein lukratives Investitionsobjekt. Er schätzte den Wert des höchsten Gebäudes Deutschlands auf rund 50 Millionen Euro, die die DFMG bei einem Verkauf kassieren würde. Einem Investor falle so das Monopol über die Antennennutzung zu – zusätzlich zu den Werbeflächen.

Die Nutzung des Turms hänge vom zukünftigen Besitzer ab, bestätigt Konzernsprecherin Luisa Vollmar. Der Fernsehturm gehört, neben 500 weiteren Türmen, 6.000 Masten und 14.000 Dachsendestationen, zu dem Tochterunternehmen DFMG der Deutschen Telekom. „Das Unternehmen wird mit Sicherheit als Ganzes verkauft werden“. Auch eine Nutzung für Werbezwecke sei denkbar, so Vollmar, habe doch auch der Telekom-Konzern auf diese Möglichkeit zurückgegriffen. Die Telekom hatte die Kugel des 368 Meter hohen Gebäudes anlässlich der Weltmeisterschaft in einen konzernfarbenen Fußball verwandelt. Die Idee dafür kam vom Senat selbst.

Doch damit sollen keine falschen Hoffnungen gesetzt werden, so einfach werde es zukünftig vom Senat keine Genehmigung geben. „Auch wenn der Fernsehturm sich im Eigentum von privaten Unternehmen befindet, meine ich: Der Fernsehturm gehört allen Berlinern“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Ihre Behörde werde sehr genau darauf achten, was dort geschehe. Der Senat, der Bezirk Mitte und das Landesamt für Denkmalschutz hätten eine „hohe Verantwortung für den öffentlichen Raum“, so Junge-Reyer.

Die WM-Kampagne sei eine absolute Ausnahmegenehmigung gewesen, ergänzte ihre Sprecherin Manuela Damianakis. Eigentlich sei Werbung am Gebäude verboten, seitdem der Fernsehturm 1990 unter Denkmalschutz gestellt wurde. „Auch die Säule darf daher nicht verändert werden.“ Zudem sei die Verkleidung der Kugel zu aufwändig und die Nutzung daher nicht lukrativ, gibt Damianakis zu bedenken. Nach der WM habe die Telekom zwei Monate gebraucht, bis alle Spuren der Werbekampagne beseitigt worden wären, so Damianakis. Zu schwierig seien Witterungsbedingungen in „solchen Höhen“.

Selbst aus der Werbebranche kommen Zweifel. Tobias Bott, Sprecher der Werbeagentur Scholz & Friends, hält den Turm für „nicht bespielbar.“ Es sei „geradezu unmöglich, den Fernsehturm als Werbefläche zu nutzen“. Bott spricht aus Erfahrung: Der PR-Fachmann war früher selbst bei der Telekom für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. „Zu viele bürokratische Hürden stehen einer dauerhaften Nutzung zu Werbezwecken des Turms im Wege.“ Es müsse schon ein Megaevent wie die WM stattfinden, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten.