Kampf der Anspruchsgruppen

Die Nationale Anti-Doping-Agentur startet einen personellen Neuanfang und droht ihre Unabhängigkeit zu verlieren

BERLIN taz ■ Michael Hölz ist Managing Direktor bei der Deutschen Bank, einer, der es gewohnt ist, Begriffe wie Stakeholder-Value zu benutzen. Er ist ehrenamtlich als Vorsitzender des Kuratoriums der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) tätig. Auch dort muss sich Hölz darum kümmern, die Interessen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen, die Stakeholder-Values eben, in Einklang zu bringen. Das ist in diesen Tagen alles andere als einfach. Eine Entscheidung ist gestern gefallen. Im Anschluss an eine Sitzung von Vorstand und Kuratorium der Nada wurde die Trennung vom Geschäftsführer der Stiftung, Roland Augustin, verkündet.

Augustin wurde Opfer des in der Öffentlichkeit in die Kritik geratenen Umgangs der Nada mit Verstößen gegen Meldepflichtverletzungen durch Athleten. 201 derartige Verstöße wurden zunächst nicht an die Fachverbände weitergeleitet und konnten deshalb nicht geahndet werden. Es war ein mediales Desaster für die Nada. Damit Derartiges nicht mehr geschieht, wurde Ulrike Spitz, die ehemalige Leiterin des Sportressorts bei der Frankfurter Rundschau, als neue Nada-Sprecherin vorgestellt. Wer Augustin folgen wird, steht indes nicht nicht fest.

Der Vorstandsvorsitzende Armin Baumert soll sich, bis eine neue Regelung gefunden ist, um die Geschäfte kümmern. Seine Position soll ohnedies gestärkt werden. Die Stiftung soll in ihrer Struktur verändert werden. Auch über einen hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden wird nachgedacht. Einem Stakeholder dürfte das durchaus entgegenkommen, dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der mit zwei Sitzen im Kuratorium vertreten ist. Schon die Installierung des ehemals obersten deutschen Leistungssportfunktionärs Baumert an die Nada-Spitze gilt als Zeichen der Vereinnahmung der Agentur durch den organisierten Sport.

Auch andere Personalien, die derzeit diskutiert werden, deuten auf eine gezielte Einflussnahme durch den DOSB hin. So sollen drei Vorstandsmitglieder ihre Posten verlieren. Einer von ihnen ist Markus Hauptmann, der sich in der Diskussion um ein Anti-Doping-Gesetz Ende vergangenen Jahres für eine strenge Besitzstrafbarkeit auch bei Athleten ausgesprochen und sich damit gegen den DOSB, der keine Sportler vor ordentlichen Gerichten sehen will, gestellt hat. „Der Name Hauptmann ist nicht gefallen heute“, versicherte DOSB-Generalsekretär Michael Vesper gestern.

Vesper hörte nach der Pressekonferenz Peter Danckert ganz genau zu, als dieser deutlich mahnende Worte sprach. „Ich bin da immer auf der Hut“, sagte der Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag (SPD) und zeigte, dass er sich Sorgen macht um die Unabhängigkeit der Nada. Vesper und Danckert vertreten unterschiedliche Stakeholder-Values. Der eine kämpft für mehr Einfluss des Leistungssports in der Nada, der andere für eine vom Leistungssport weitgehend unabhängige Dopingbekämpfung. Wer sich durchsetzt, entscheidet sich vielleicht schon am Samstag. Da tagt das Kuratorium wieder. ANDREAS RÜTTENAUER