WAS DIE „FORBES“-LISTE DER MILLIARDÄRE ÜBER DEUTSCHE VERMÖGEN VERRÄT
: Reichtum will geerbt sein

„Wer wird Millionär?“ Der Titel der Quiz-Show suggeriert, dass es jeder zu Reichtum bringen kann. Ein Blick in die neueste Forbes-Liste der Superreichen zertrümmert diese Illusion allerdings wieder. 54 Milliardäre werden dort in Deutschland gezählt – aber die allermeisten haben ihr Vermögen ererbt. Sie sind die Nachfahren der Gründer von BASF, BMW oder der Allianz-Versicherung. Selfmade-Milliardäre sind eher selten. Wie die Gebrüder Albrecht stammen sie meist aus dem Einzelhandel. Reichtum ist Familiensache in Deutschland.

Vor allem aber ist der wahre Reichtum unbekannt. Das detaillierte Ranking der Forbes-Liste wirkt zwar überaus präzise, doch tatsächlich fehlen viele Milliardäre. Das fällt schon beim Abgleich mit konkurrierenden Listen auf. So widmet sich auch das Manager Magazin jährlich den deutschen Superreichen. Dort tauchen die Besitzer von Lidl und Porsche gleich ganz vorn auf, während sie von Forbes komplett ignoriert werden. Neben diesen eher zufälligen Beliebigkeiten leiden aber alle Listen unter einem systematischen Problem: Viele Superreiche wollen unentdeckt bleiben. Sie lassen ihre Vermögen von Privatbanken verwalten, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Reichtum ist Geheimsache in Deutschland.

Forbes scheint selbst zu ahnen, dass das Milliardärs-Ranking recht schwachsinnig ist, und präsentiert es darum gleich im Mehrfachpack mit anderen absurden Tabellen. So listet Forbes auch die „15 reichsten erfundenen Figuren“ oder die „13 bestverdienenden Toten“ auf. Warum also beschäftigt man sich überhaupt mit diesem Unsinn? Weil leider kaum bessere Quellen über die Vermögenden existieren. So führt das Statistische Bundesamt zwar Erhebungen zum Haushaltseinkommen durch. Die Superreichen aber werden nicht befragt, weil sie nicht repräsentativ seien.

So lückenhaft die Forbes-Listen sind, lassen sich aus ihnen doch zwei Erkenntnisse ziehen: Die Reichen werden rasant reicher – und von den deutschen Milliardären wohnen noch längst nicht alle in der Schweiz. Daraus lässt sich wohl schließen, dass es auch in Deutschland möglich ist, seine Milliarden beim Finanzamt so kleinzurechnen, dass kaum Steuern anfallen. ULRIKE HERRMANN