taz-Autotest: Der Star des Trottoir

Mit dem zweirädrigen Elektromobil Segway werden Sie zur Attraktion. Aber ob der Segway für Städter eine Alternative zum Auto ist?

In Bosten bewegten sich schon 2001 die Polizisten auf dem Segway fort Bild: Reuters

Der Autotest der taz berücksichtigt ausschließlich Fahrzeuge, die weniger als 110 g CO2/km ausstoßen. Grund: Die von Merkel verwässerte neue EU-Flottengrenze von 130 g/km ab 2012 ist angesichts der weltweit steigenden Zahl von Autos zu wenig. Nur: Es gibt kaum Massenmarkt-Autos unter 110 g/km. Deshalb testen wir auch Alternativen.

Ist: ein zweirädriges Elektromobil; ein Personal Transporter für die Stadt CO2-Ausstoß: null (beim Fahren). Treibstoff: Strom für zwei Saphion-Lithium-Ionen-Batterien. Die Verursachung von Kohlendioxids hängt damit vom Strommix ab Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h Reichweite: 40 Kilometer Sitzplätze: keiner Kofferraum: keiner Preis: Der i2 kostet 5.900 Euro Familientauglichkeit: Ja. Jeder aus der Familie kann es nutzen. Jeder bis 118 Kilogramm Personal-Transport-Gewicht

Welches Auto/Mobil unter 110 g/km CO2 soll die taz testen? tazzwei@taz.de

Der Umwelt-Faktor: Die Elektrobatterien des zweirädrigen Stadtfahrzeugs Segway werden zu Hause an der Steckdose aufgeladen. Die Ökoqualität hängt also davon ab, welcher Stromanbieter Ihnen die Energie liefert. Beziehen Sie den normalen Strommix von Eon, RWE, Vattenfall, EnBW und Co., verursacht eine Kilowattstunde Strom durchschnittlich 530 Gramm klimaschädliches Kohlendioxid.

Damit fährt der Segway nach Herstellerangaben bis zu 40 Kilometer weit und ist viel umweltfreundlicher als jedes benzingetriebene Auto. Zum Vergleich: Der Toyota Prius Hybrid, Nummer zwei der Umweltliste des Verkehrsclub Deutschland (VCD), verursacht 104 Gramm CO2 - pro Kilometer.

Noch größer ist der Ökovorteil, wenn Sie Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen. Dann beträgt die Emission des Segway null Gramm Kohlendioxid - wie beim Fahrrad.

Wer braucht so was? Eine Batterieladung des Segway reicht für maximal 40 Kilometer. Dann muss das Gefährt wieder an die Steckdose. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt etwa 20 Stundenkilometer. Beides macht das Elektromobil zu einem typischen Stadtfahrzeug. Für witterungsunempfindliche Singles ist es eine Alternative zum Auto, für Mehrpersonenhaushalte eine Alternative zum Zweitwagen. Mitnehmen kann man aber nicht viel, obwohl es eine Version mit Tragegestellen gibt. Segway statt Rad? Für Leute, die an der frischen Luft sein, sich aber nicht bewegen wollen, eine gute Idee.

Wie funktioniert der Segway? Sie stellen sich auf die Plattform. Erstaunlicherweise kippen Sie nicht um. Lehnt man sich nach vorne, nimmt der Segway Fahrt auf. Zurücklehnen bewirkt Bremsen. Drücken Sie die Lenkstange nach rechts, geht es in die Rechtskurve. Links dito. Alles regelt ein Computer in Zusammenarbeit mit zwei Elektromotoren. Es handelt sich um Hightech.

Der Praxis-Faktor: Auch nach zwei Tagen Alltagstest fällt es schwer, gleichmäßig geradeaus zu fahren. Es fühlt sich an wie Armin Mueller-Stahl als Taxifahrer in "Night in Earth": Nach vorne beugen, Fahrt aufnehmen, aus Versehen nach hinten kippen, bremsen, wieder nach vorne und so weiter. Bordsteinkanten sind eine echte Hürde. Auch ihre normale Höhe kann der Segway kaum erklimmen. Wer es mit Anlauf und hoher Geschwindigkeit versucht, läuft Gefahr, den Asphalt zu schmecken. Für Hochreißen oder Springen ist das Gerät zu schwer (48 Kilogramm). Aber das Ökomobil ist sehr wendig. Mit gegenläufigen Rädern wendet es auf der Stelle wie ein Panzer.

Der Glamour-Faktor: enorm. Sie sind der Star des Trottoirs. Leicht erhöht schweben sie dahin - eine Attraktion. Die wenigsten Leute haben den Segway bislang live erlebt, nur ein paar ihn im Ausland in Aktion gesehen. So kommen Sie problemlos mit Menschen ins Gespräch, die Sie immer schon mal kennen lernen wollten. Aber auch mit solchen, die Ihnen gestohlen bleiben können. Ein Effekt ist häufig zu beobachten, der sonst nur Rosenmontag eintritt, wenn man karnevalsmäßig verkleidet in die Berliner U-Bahn steigt: Manche Leute schauen bewusst an einem vorbei - wahrscheinlich, weil sie Angst haben, die Fassung zu verlieren.

Die Rechtslage: ist unzureichend. Auf Straßen und Gehwegen dürfen Sie den Segway bislang nicht benutzen, nur auf Privatgelände. Es gibt noch keine bundesweite Betriebsgenehmigung. Das Verfahren ist allerdings im Gange. Offiziell wissenschaftlich getestet wurde das Vehikel schon und auch für tauglich befunden. Um in der Stadt herumzufahren, braucht man derzeit eine Sondergenehmigung. Die hat zumindest ein Touristikunternehmen in Berlin bekommen. Bei Privatleuten stellt sich die Berliner Verkehrsbehörde aber stur. Machen Sie Urlaub in Österreich, Griechenland oder Portugal - dort ist mit dem Segway alles schon einfacher.

Größte Nachteile: Abgesehen vom Preis (siehe Infos) setzt sich Hundescheiße gern in die tiefen, engen Spalten zwischen Schutzblech und Rad, wo sie dann ewig vor sich hin stinkt, ohne die Möglichkeit zu haben, sie zu entfernen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.