G-8-Stadt versucht Hitler loszuwerden

Dort wo sich im Sommer die acht wichtigsten Regierungschefs der Welt treffen, soll Hitler noch immer Ehrenbürger sein

BERLIN taz ■ Neben negativen Schlagzeilen wegen finanzieller Schwierigkeiten des G-8-Hotels und Unregelmäßigkeiten beim Denkmalschutz drohen Heiligendamm weitere Imageschäden. Grund dafür ist ein prominenter Ehrenbürger der Stadt Bad Doberan, zu der Heiligendamm gehört: Adolf Hitler.

Als Beleg, dass Hitler von Bad Doberan derart geehrt wurde, führt der Historiker Hermann Langer einen Artikel aus dem Ostsee-Boten vom 17. August 1932 an. In ihm wird von einem Dringlichkeitsantrag der NSDAP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung berichtet, Hitler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Doberan zu verleihen. Für Langer kein überraschendes Ereignis. „Seit der Landtagswahl im Juni 1932 verfügte die NSDAP in Bad Doberan über eine absolute Mehrheit“, sagte er der taz. Bisher wurde die Ehrenbürgerschaft nicht rückgängig gemacht.

Besonders peinlich für Bad Doberan: Die Ehrung erfolgte bereits im August 1932, also ein gutes halbes Jahr vor der Regierungsübernahme der NSDAP in Berlin. Damit war Bad Doberan die erste Stadt im Reich, die Hitler zum Ehrenbürger kürte. Auch die erste Adolf-Hitler-Straße Deutschlands verlief in Bad Doberan – und führte zum von Hitler oft besuchten Nobelstrandbad Heiligendamm.

Die Stadtverordneten stimmten dem Antrag – laut Ostsee-Bote – damals zu. Dennoch bestehen von offizieller Seite Zweifel, ob Hitler wirklich Ehrenbürger der Stadt war und ist. Es gibt angeblich keine Unterlagen, die das belegen.

Während Landrat Thomas Leucher (SPD) die momentane Aufregung für „maßlos übertrieben“ hält und von einer „künstlich aufgebauschten Geschichte“ ausgeht, spricht Bürgermeister Hartmut Polzin (SPD) von einer „nebulösen Situation“. Man könne „keine Heirat scheiden, wenn keine Heiratsurkunde vorliegt“. Auch er meint, die Thematik sei „im Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel eventuell überbewertet“, dennoch soll die Debatte schnellstmöglich beendet werden. Anfang April wird im Stadtparlament über einen überfraktionellen Antrag entschieden, die Ehrenbürgerschaft erlöschen zu lassen. Ob Hitler wirklich Ehrenbürger war, soll bis dann entschieden sein. TIEMO RINK