Die Welt ist blockiert, Sudan ist zufrieden

Trotz der Eindeutigkeit des UN-Berichts: Die internationale Gemeinschaft ringt weiterhin nur um Worte

GENF taz ■ „Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen!“ Dieses Zitat aus Goethes „Faust“ beschreibt die Stimmung unter den am UN-Sitz in Genf akkreditierten Menschenrechtsorganisationen, nachdem gestern die Erkundungsmission des UN-Menschenrechtsrates im Sudan ihren Bericht vorlegte. Doch trotz der Eindeutigkeit des Berichts (siehe Text oben) wird der UN-Menschenrechtsrat auf seiner bis zum 30. März anberaumten Sitzung wohl weiterhin nur um Worte ringen.

Den Druck auf Sudans Regierung in Khartum verschärfen könnte das Gremium nur mit einer klaren Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen und der dafür Verantwortlichen. Ein entsprechender Resolutionsantrag ist – wenn überhaupt – nur von der „westlichen Gruppe“ (EU-Staaten, Schweiz, Kanada) innerhalb der 47 Ratsmitgliedern zu erwarten. In der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gibt es zwar Sympathien für die Einbringung eines Resolutionsantrags, doch der erforderliche Konsens der 27 EU-Staaten, dem sich die Schweiz und Kanada dann anschließen würden, liegt noch nicht vor.

Ob ein solcher Resolutionsantrag im Plenum des Menschenrechtsrates die erforderliche Mehrheit von 24 der 47 Mitgliedsstaaten finden würde, ist angesichts der bisherigen Darfur-Debatten dieses Gremiums und des unsäglichen Tauziehens um Auftrag und Zusammensetzung der Erkundungsmission ohnehin fraglich. Dies gilt vor allem, wenn der Resolutionsantrag dem Bericht der Erkundungsmission entspricht und dann auf Widerspruch der Regierung in Khartum stößt. Die Ländergruppen Afrika und wahrscheinlich auch Asien – die zusammen eine Ratsmehrheit von 27 Stimmen haben – dürften dann einstimmig mit Nein votieren. Nicht einmal die geschlossene Unterstützung der Ländergruppe Lateinamerika/Karibik wäre sicher.

Schon jetzt müsste der UN-Sicherheitsrat allerdings auch ohne einen Beschluss des Menschenrechtsrates gegen Sudans Regierung aktiv werden, wenn er seine eigene Sudan-Resolution 1706 vom 31. August 2006 ernst nimmt. Darin hatte der Sicherheitsrat die Regierung in Khartum aufgefordert, einer Delegation der Vereinten Nationen zu Erkundung der Menschenrechtssituation uneingeschränkten Zugang zu Darfur zu gewähren. Diesen Zugang hat Khartum seitdem verweigert. Auch die in Resolution 1706 vorgesehene Stationierung einer UNO-Truppe in Darfur ist bis heute ebenso am Veto Khartums gescheitert wie die Kompromisslösung einer gemischten Truppe aus Verbänden der UNO und der AU.

Dennoch sind die beiden ständigen Sicherheitsratsmitglieder China und Russland nach Auskunft ihrer UNO-Diplomaten auch weiterhin nicht bereit, eine neue Resolution zu beschließen, die nicht nur rhetorisch, sondern auch substanziell über Resolution 1706 hinausgeht und Maßnahmen enthält, die von der sudanesischen Regierung in Khartum abgelehnt werden.

Maßnahmen außerhalb des UN-Rahmens sind nicht zu erwarten. Auch die USA haben – obwohl sie die Situation in Darfur anders als die EU als „Völkermord“ klassifizieren – noch keinen konkreten Vorschlag dazu gemacht. Nicht nur afrikanische UN-Diplomaten vermuten dahinter ein Kalkül, langfristig auf einen Regimewechsel in Khartum hinzuarbeiten. Der Bush-Administration, so die Vermutung, gehe es um die Etablierung einer Regierung im Sudan, die ihre Öl- und Waffengeschäfte künftig nicht mehr vorrangig mit China und Russland abwickelt, sondern mit den USA. ANDREAS ZUMACH