Gentech-Mais geht Ratten an die Nieren

Unabhängige französische Forscher stellen bisher geheime Studie zum Monsanto-Produkt MON 863 vor

BERLIN taz ■ Der in der EU als Lebens- und Futtermittel zugelassene Gentech-Mais MON 863 kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Zu diesem Ergebnis kommt die unabhängige französische Wissenschaftlergruppe Criigen. Molekularbiologen und Biostatistiker von Criigen hatten die Rohdaten von Fütterungsstudien neu ausgewertet. Das Ergebnis: Der Gentech-Mais führe bei Ratten nicht nur zu Gewichtsveränderungen, auch für Vergiftungen typische Leber- und Nierenschäden seien festgestellt worden, sagte Gilles-Eric Séralini, Professor für Molekularbiologie an der Universtät Caen, gestern in Berlin.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die mit einer Klage gegen den Biotech-Konzern Monsanto überhaupt erst dafür sorgte, dass die Rohdaten der Verfütterungsstudie öffentlich zugänglich sind, forderte aufgrund der neuen Ergebnisse Landwirtschaftsminister Horst Seehofer auf, unverzüglich ein Anbau- und Importverbot für Gentech-Mais zu erlassen.

Streit über den vom Biotech-Konzern Monsanto entwickelten Gentech-Mais gibt es schon seit Jahren. MON 863 ist mit einen bakteriellen Giftgen ausgestattet worden, das die Pflanzen gegen den Wurzelbohrer schützen soll. Angebaut werden darf er in den USA und Kanada. Zahlreiche Länder, unter anderem die Phlippinien, Thailand und die EU, haben den Import und die Weiterverarbeitung zu Lebens- und Futtermitteln zugelassen.

Schon während des Genehmigungsverfahrens 2002 hatten die französischen Behörden die Daten aus der von Monsanto vorgelegten Fütterungsstudie in Zweifel gezogen. Trotzdem genehmigte die EU-Kommission, ohne zuvor entsprechende Unterstützung bei den Mitgliedstaaten bekommen zu haben, den Import des Gentech-Maises. Die über 1.000 Seiten umfassende Fütterungsstudie jedoch durfte auf Betreiben von Monsanto nicht öffentlich zugänglich gemacht werden. Erst das Kölner Verwaltungsgericht verpflichtete Monsanto auf Betreiben von Greenpeace, den vollständigen Datensatz herauszurücken.

Die Einschätzung der EU-Kommission, dass der Mais unbedenklich sei, wird von den Criigen-Forschern energisch bestritten. Die Neuauswertung mit Hilfe der entsprechenden statistischen Methoden zeige, dass bei den mit Genmais gefütterten Tieren im Vergleich zu den Kontrollgruppen doch Vergiftungserscheinungen auftraten, sagte Séralini. Er kritisierte zudem, dass die Studie lediglich drei Monate dauerte – zu kurz, um genauere Aussagen über die Ursachen machen zu können. Zudem müssten andere Tierarten mit einbezogen werden.

Für den Greenpeace-Experten Christoph Then ist der Fall „exemplarisch“ für das unzureichende EU-Zulassungsverfahren für Gentech-Pflanzen. Eine Risikoabschätzung sei so nicht möglich. WOLFGANG LÖHR