Glückliche Gewinner

Gestern veröffentlichte das Adolf-Grimme-Institut die PreisträgerInnen des Jahres 2007. Nicht alle Entscheidungen der Jurys sind nachvollziehbar

Kategorie Fiktion

Oktay Özdemir ist der zurzeit gefragteste Darsteller für die Rolle des gewalttätigen jungen Ausländers. Zu Recht, denn er kann sehr gut sehr fies dreinblicken und verkörpert so den Albtraum der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Und wie das mit Albträumen so ist: Sie kommen immer wieder. Im Kinofilm „Knallhart“ war Özdemir der grausame Böse, demnächst tritt er in derselben Rolle in der neuen Krimi-Comedy „Dr. Psycho“ auf. Für eine weitere Darstellung jugendlicher Migrantengewalt im Sozialreißer „Wut“ (ARD/WDR) hat Oktay Özdemir jetzt den Grimme-Preis bekommen – und mit ihm Max Eipp (Buch), Züli Aladag (Regie), Wolf-Dietrich Brücker (Redaktion) und August Zirner (für das Darstellerteam).

Aber weil man bei Grimmes das mit der Integration differenziert sieht, wird die Multikulti-Komödie „Meine verrückte türkische Hochzeit“ von ProSieben (Buch: Daniel Speck; Regie: Stefan Holtz; Florian David Fitz und Mandala Tayde für das Darstellerteam) ebenfalls prämiert.

Weitere Preisträger: Aelrun Goette (Regie), Jens Harant (Kamera), Bibiana Beglau (Darstellung) für das Familiendrama „Unter dem Eis“ (ARD/SWR/RBB); Isabel Kleefeld (Buch/Regie), Caroline Peters, Jörg Schüttauf und Matthias Brandt (Darstellung) für das Krimidrama „Arnies Welt“ (ARD/WDR); Rolf Basedow (Buch), Dominik Graf (Regie), Edgar Selge und Rosalie Thomass (Darstellung) für die Psychostudie „Polizeiruf 110: Er sollte tot“ (ARD/BR).

Kategorie Unterhaltung

Als Jürgen von der Lippe, das Urgesteinchen der gepflegten TV-Unterhaltung, seinen Arbeitsschwerpunkt vom WDR zum Privatfernsehen verlegte, hatte er zunächst wenig Glück: „Blind Dinner“ (2001, Sat.1) wurde praktisch sofort nach dem Start wieder eingestellt. Angesichts sinkender Quoten wird wohl auch seine Spielshow „Extreme Activity“ (ProSieben) die Sommerpause nicht überleben. Dann wird nur noch der Grimme-Preis für von der Lippe (Moderation), Ool Osenbrügge (Formatentwicklung), Kurt Pongratz und Catharina Niens-Klees (Regie) an die albernen Promi-Scharaden erinnern. Eine sehr eigenartige Entscheidung der Jury.

Weitere Preisträger: Bora Dagtekin (Headwriter), Edzard Onneken und Oliver Schmitz (Regie), Josefine Preuß (stellv. für das Darstellerteam) für die Multikulti-Comedy „Türkisch für Anfänger“ (ARD/BR/NDR)

Sonderpreise: Die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes für Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens erhält Hape Kerkeling. Ben Lewis (Buch/Regie) wird für seine Doku-Soap „Art Safari“ (ZDF/Arte) mit dem Sonderpreis „Kultur“ des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Den Publikumspreis der „Marler Gruppe“ bekommen Jo Baier (Buch/Regie), Nadja Uhl und Aaron Altaras (Hauptdarsteller) für „Nicht alle waren Mörder“ (ARD/SWR/BR/RBB), die Verfilmung der Biografie von Michael Degen.

Kategorie Information/Kultur

Katrin Rothe (Buch/Regie) hat in „Stellmichein!“ (ZDF/Arte) wieder ein gesellschaftlich höchst relevantes Thema mit innovativen Mitteln umgesetzt: Die Geschichte von fünf Menschen auf Arbeitssuche ist die erste Doku-Soap, die mit Zeichentrickelementen arbeitet. Bereits in ihrem Debüt, „Dunkler Lippenstift macht seriöser“, beschäftigte sie sich mit dem Prozess des Bewerbens und integrierte Animationen von den Bewerbungsgesprächen, bei denen die Kamera nicht dabei sein durfte, in die Doku. Im Vierteiler „Stellmichein!“ wiederholt sie das Stilelement, erzählt diesmal aber auch von den Auswirkungen der Jobsuche auf das Privatleben ihrer Protagonisten. Dafür erhält Rothe einen Grimme Preis.

Weitere Preisträger in der Kategorie „Information und Kultur“: Artem Demenok (Buch/Regie), Andreas Christoph Schmidt (Produktion) für ihre Biografie-Doku „Deutsche Lebensläufe: Fritz Lang“ (ARD/SWR); Johann Feindt und Tamara Trampe (Buch/Regie) für die Reportage „Weiße Raben Alptraum Tschetschenien“ (ZDF/Arte); Ralph Hötte, Kim Otto und Markus Schmidt (stellvertretend für das Autorenteam) für die Aufdeckung des Skandals „Bezahlter Lobbyismus in Bundesministerien“ in „Monitor“-Beiträgen (19. 10. und 21. 12. 2006) (ARD/WDR) sowie der unvermeidliche Grimme Preis für Sönke Wortmann (Buch/Regie/Kamera) und sein „Deutschland. Ein Sommermärchen“ (ARD/WDR) KUZ