Privatschule sperrt ihre Lehrer aus

Der Träger der Novalis-Schule in Köpenick hat alle Lehrer entlassen. Nun fällt der Unterricht aus. Schulverwaltung droht mit Entzug der Genehmigung

Eine Privatschule hat ihrer gesamten Lehrerschaft gekündigt und Hausverbot erteilt. Das ist selbst für die Berliner Schulverwaltung, die seit der Krise um die Neuköllner Rütli-Schule allerhand erlebt hat, mehr als ungewöhnlich. Auch den Anwohnern bietet sich in dieser Woche ein merkwürdiges Bild im östlichen Stadtteil Köpenick: Vor dem Schultor der Novalis-Schule versammeln sich Pädagogen, um trotz eines Finanzstreits weiter zu unterrichten. Doch sie dürfen nicht ins Gebäude.

Die Schulverwaltung hat nun ein Machtwort gesprochen und eine Frist gesetzt: Sie droht im Extremfall mit dem Entzug der Genehmigung für die Privatschule, wenn am kommenden Montag kein regulärer Unterricht stattfindet.

Auch die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, die an Schulstreiks und protestfreudige Eltern und Schüler gewöhnt ist, hat noch keine Zwangsferien und ausgesperrte Lehrer erlebt. „Das ist ein absoluter Einzelfall“, versichert Sprecher Peter Sinram. „Die Schulbehörde hat in Berlin auch noch nie eine Schule geschlossen.“ Dennoch findet Peper die Drohung der Behörde „in diesem krassen Fall völlig richtig“. Der Fall ist verzwickt. Die private Novalis-Schule mit ihren 20 Lehrern und 150 Schülern von der 1. bis zur 12. Klasse arbeitet seit dem Jahr 2000 nach dem Konzept des Philosophen Rudolf Steiner. Es gehöre dazu, die demokratische Freiheit auch in der Praxis zu leben, sagt Angela Jaeche, Vorstandsmitglied im Trägerverein der Schule.

Mit den pädagogischen Konzepten Steiners gebe es keine Schwierigkeiten, ergänzte sie. Doch die komplizierte Verwaltungsstruktur der Privatschule sorge seit Jahren für Zwist. Anders als bei Waldorfschulen nach Steiners Vorbild gibt es in Köpenick einen Elternverein als Träger und einen Lehrerverein. Mit den Pädagogen hat der Elternverein einen Dienstleistungsvertrag geschlossen.

Die Probleme kochten hoch, als das Land Berlin eine genaue Abrechnung für die Zuschüsse zu den Lehrergehälter vom Träger verlangte. „Der Lehrerverein hat uns diese Abrechnung nicht geliefert“, sagt Jaeche. Ein Mediator sei bei der Vermittlung zwischen den Vereinen gescheitert. Und der Schule liefen die Schüler davon: Es gab 50 Abmeldungen.

Deshalb habe der Trägerverein schließlich am 20. Februar den Dienstleistungsvertrag mit den Lehrern gekündigt und allen Pädagogen eine Anstellung über den Elternverein angeboten, erläuterte Jaeche. „Wir wollen unsere Lehrer ja behalten.“ Doch dieser Plan ging nicht auf. Die meisten Pädagogen hätten an ihrem Verein festgehalten. Sie seien trotz Kündigung weiter zum Unterricht erschienen. „Um diesen rechtlosen Zustand zu beenden, haben wir das Hausverbot verhängt und die Februar-Gehälter einbehalten“, so Jaeche.

In der Schulverwaltung ist nun hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass Privatschulen wohl nicht immer die bessere Alternative zum staatlichen Angebot sind. Denn die Privatschuldebatte ist seit der Pisa-Studie in vollem Gange, nicht unbedingt zur Freude der öffentlichen Träger. 295 Ersatz- und Ergänzungsschulen gibt es in Berlin, rund 3.000 sind es in ganz Deutschland. Die jüngste Gründung in der Hauptstadt ist eine Schul-AG, die Eltern als Kunden sieht.

Die Lust auf kostenpflichtige Privatschulen ist in Berlin dennoch nicht sehr groß. Nur 5,4 Prozent der Schüler sind dort angemeldet, sagt Senatsschulsprecher Kenneth Frisse. In Bayern seien es 9,7 Prozent, in Hamburg 9 Prozent.

Ab Montag erhalte die Novalis-Schule noch eine „kurz bemessene Frist“, um den Unterricht zu garantieren, teilte die Schulbehörde mit. Schafft sie das nicht, müssen die Kinder an anderen Schulen angemeldet werden. DPA