Wasserkraftwerk wiederbelebt

Wegen wachsender Bedenken an Atomkraft bringen Bürger Talsperre wieder ans Netz

FREIBURG taz ■ In Vöhrenbach im Schwarzwald beginnt heute der Wiederaufstau Linachtalsperre. Bautechnisch gilt die Mauer als Meisterwerk. Weil Beton in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts teuer war, wurde sie als filigrane Konstruktion aus 13 Rundbögen gebaut. 1969 wurde die Anlage im Glauben an die nukleare Zukunft stillgelegt. Jetzt wird sie neu belebt.

Mehr als 6 Millionen Euro kostete die Sanierung des Linachkraftwerks, das die Epochen der Stromwirtschaft wie kaum ein zweites Projekt in Deutschland abbildet. Nach der Wasserkrafteuphorie zwischen den Weltkriegen und jahrzehntelangem Betrieb sorgte eine Prämie des regionalen Energieversorgers an die Gemeinde in Höhe von 300.000 Mark vor knapp 40 Jahren für das Aus. Es war die Zeit, als man an die große Zukunft der Atomkraft glaubte. Nur die Abrisskosten scheute die Gemeinde, und so blieben Talsperre und Turbinenhaus stehen.

In den folgenden Jahren wurde die Kritik an der Abschaltung des voll funktionsfähigen Wasserkraftwerks immer lauter. Die Energiekrise von 1973, das Atomunglück von Harrisburg 1979 und das langsam aufkommende Umweltbewusstsein stellten die Entscheidung zunehmend in Frage. So wurden in den Neunzigerjahren die Bürger der Region selbst aktiv, um das Kraftwerk zu reaktivieren – auch typisch für diese Zeit. Mehr als 100 Investoren brachten 700.000 Mark auf und nahmen im Jahre 1998 die Turbinen auf eigene Faust wieder in Betrieb. Allerdings nur als Ausleitungskraftwerk, also ohne einen Aufstau des Sees. Denn die Sanierung der 25 Meter hohen und 143 Meter langen Talsperre war für ein Bürgerprojekt dann doch eine Nummer zu groß.

Genau zur richtigen Zeit fand dann aber auch die Staumauer einen gewichtigen Unterstützer: Als Robert Strumberger im Herbst 1997 von den Vöhrenbachern zum neuen Bürgermeister gewählt wurde, widmete er sich dem Projekt. „Wir können auf den Mond fliegen, daher sollte es auch machbar sein, die Talsperre zu reaktivieren“, sagte er.

1,2 Millionen Kilowattstunden soll das Kraftwerk in Zukunft wieder alljährlich ins Netz speisen. Zudem will Strumberger den Linachstausee künftig als Touristenattraktion vermarkten.

BERNWARD JANZING