EU pfeift auf Bankangestellte

Wenn’s ums Geld geht, stehen die 7.500 Arbeitsplätze der Landesbank auf der Kippe. Denn die EU-Kommissarin besteht auf dem Grundsatz: Beim Verkauf zählt nur der Preis, nicht der Joberhalt

VON MATTHIAS LOHRE

Die EU-Kommission brüskiert den Senat. Keinen Millimeter will die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes den Berlinern in einer der wichtigsten Entscheidungen dieser Legislaturperiode entgegenkommen. Kroes besteht auf dem Grundsatz: Beim Verkauf der Berliner Landesbank darf der Erhalt der rund 7.500 Arbeitsplätze keine Rolle spielen. Das zeigt die Machtlosigkeit der Landespolitiker beim Verkauf der Ex-Bankgesellschaft und deren Filetstück – der Berliner Sparkasse.

Zwar hat Brüssel dem Senat bereits 2004 zur Auflage gemacht, den Käufer ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien auszuwählen. Nur unter dieser Bedingung hatte die EU-Kommission damals Beihilfen und Garantien Berlins in Höhe von mehr als 23 Milliarden Euro für die angeschlagene Bank akzeptiert. Doch bislang galt als unausgesprochener Konsens zwischen Berlin und Brüssel: So schlimm wird es schon nicht kommen. Auch beim Verkauf der Berliner Bank erwirkte der Senat soziale Zugeständnisse des Käufers – ohne Protest der EU. Seit neuestem weht ein kälterer Wind.

Wenige Tage vor Ablauf des Bieterverfahrens am Donnerstag hatte EU-Kommissarin Kroes mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht: Falls der Senat den Erhalt der Arbeitsplätze zur Auflage für die Kaufinteressenten mache, argumentierte Kroes, „diskriminiere“ das einige der 14 Bieter und sei damit europarechtswidrig. Das Verkaufsverfahren muss jedoch „diskriminierungsfrei“ ablaufen, also ohne Ansehen des Interessenten. In der jüngsten Lesart der Kommission heißt das: Allein der Kaufpreis zählt. Wer Arbeitsplatzgarantien gibt, darf bei höheren Geboten nicht den Zuschlag erhalten.

Die Bundesregierung hat nun gegenüber der EU eingelenkt. Brieflich hat sie der Kommissarin versichert: Die Resolution des Abgeordnetenhauses, die den Erhalt der Arbeitsplätze und des Berliner Hauptsitzes fordert, sei nur eine „politische Meinungsäußerung“. Einerseits gibt der Bund schlicht die Rechtslage wieder. Andererseits führt er damit Senatsbeteuerungen als Worthülsen vor.

SPD und Linkspartei beharren darauf, die Verkaufsentscheidung beeinflussen zu können. Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer gab sich gestern trotzig: „Natürlich setzt das Land Berlin mit seinen Ausschreibungsbedingungen einer möglichen Ausschlachtung der Landesbank Berlin Grenzen.“ Diese Grenzen seien aber nicht diskriminierend, weil für alle Bieter gleich.

Die für den Landesbank-Verkauf zuständige Finanzverwaltung gibt sich diplomatisch. „Die Irritationen zwischen Bund und EU-Kommission sind ausgeräumt“, urteilt Pressesprecher Matthias Kolbeck. Natürlich könne der Verkaufserlös nicht der alleinige Grund sein, sich für diesen oder jenen Interessenten zu entscheiden. „Das Kriterium ist ein plausibles Konzept, wie es mit der Landesbank weitergehen soll.“ Die entscheidende Frage sei: Kann das Unternehmen langfristig überleben?

Zumindest die Bundesregierung freut sich, dass die EU-Kommission ihre Klagedrohung hintangestellt hat. Am kommenden Wochenende feiert die EU in Berlin den 50. Geburtstag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), des Vorläufers der EU. Ganz harmonisch.