„Eine Lizenz zur Verantwortungslosigkeit“

Wie wird sich das Urteil über Klaus Landowsky zukünftig auf Berlin auswirken? Die taz befragte Politiker, Künstler und Politologen. Einhellige Meinung: Die Stadt wird die Konsequenzen des Bankenskandals noch lange zu tragen haben

Peter Grottian, FU-Politologe, von der Initiative Berliner Bankenskandal: „Letztendlich ist das Urteil ein Freispruch, den die Richter bloß so nicht nennen wollten. Das milde Urteil zeigt, dass das Tollhaus von Verfehlungen wirklich groß ist, die rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten sich aber in engen Grenzen halten. Das Urteil ist eine Lizenz für politische und betriebswirtschaftliche Verantwortungslosigkeit. Der rot-rote Senat sendet nach wie vor die Botschaft, dass mit einem „vernünftigen“ Verkauf der Landesbank der Bankenskandal weitgehend bewältigt ist. Da täuscht er sich. Denn auch im günstigsten Fall müssen zwischen 5 und 8 Milliarden Euro aufgebracht werden. Dies wird noch mehr Verschuldung und weitere Kürzungen im Sozialbereich bedeuten.“

Frank Henkel, ehemaliger CDU-Generalsekretär, innenpolitischer Sprecher im Abgeordnetenhaus: „Das Urteil ist – sofern es rechtskräftig wird – zu akzeptieren. Die politische Verantwortung für eine fehlende Kontrolle im Konzern Bankgesellschaft Berlin tragen die Parteien der großen Koalition aus CDU und SPD gemeinsam. Die Berliner CDU hat sich dieser Verantwortung gestellt, hat Konsequenzen gezogen und einen hohen politischen Preis dafür gezahlt. Im Ergebnis hat sich die Union personell erneuert. Durch die Krise der Bankgesellschaft wurde Vertrauen zerstört. In der Politik gilt das, was im Privaten gilt: Man braucht eine Sekunde, um Vertrauen zu zerstören. Aber man braucht lange Zeit, um dieses Vertrauen wieder zurückzugewinnen.“

Barbara Oesterheld (Grüne), Mitglied im Untersuchungsausschuss: „Die Aufklärung des Bankenskandals ist noch nicht vorüber. Ich warte noch auf die Anklagezulassung und den Prozess um die milliardenschweren Immobilienfonds. Bisher ging es um vergleichsweise geringe Beträge. Das gestrige Urteil überzeugt mich nicht: Warum verhängt das Gericht eine Bewährungsstrafe? Sie ist eigentlich für Angeklagte reserviert, die Einsicht in ihr unrechtmäßiges Tun haben und sich an der Aufklärung beteiligen. Landowsky und die anderen Bankvorstände haben bis heute keinerlei Einsicht gezeigt. Warum urteilen die Richter, der Ex-CDU-Fraktionschef habe sich um die Stadt verdient gemacht? Eine Bank zu ruinieren ist nicht gerade ein Verdienst. Die Bedienungsmentalität von CDU und SPD in Bezug auf öffentliches Geld, die den Berliner Sumpf bildete und den Bankenskandal erst ermöglichte, muss gestoppt werden.“

Gerd Conradt, Regisseur des Dokumentarfilms über den Berliner Schuldenberg, „Monte Klamotte“ (2005): „Landowsky ist zwar verurteilt worden, aber der Schaden für Berlin bleibt nach wie vor bestehen. Das wäre auch mit einer Gefängnisstrafe nicht abzugelten gewesen. Mit dem Urteil geht kein gutes Signal aus und wirkt kein gutes in die Stadt hinein. Landowsky steht in einer Reihe mit Ackermann und Hartz. Deren skrupelloses Verhalten führt dazu, dass immer mehr Menschen den Oberen in Politik und Wirtschaft immer weniger vertrauen. Die sagen, das sind Schweine, warum sollen wir denen noch glauben.“