Eon-Professur für die Zeit nach dem Ausstieg

AKW-Betreiber spendiert der TU München Lehrstuhl für Nukleartechnik. Die sieht ihre Unabhängigkeit nicht bedroht

MÜNCHEN taz ■ Atomstrom soll wieder Trend werden: Das ist die Botschaft des Energiekonzerns Eon, der in dieser Woche die Einrichtung eines Stiftungslehrstuhls „Nukleartechnik“ an der Technischen Universität München (TU) bekannt gegeben hat. Ausgestattet mit 2,5 Millionen Euro soll künftig der Spanier Rafael Macian-Juan auf den Gebieten der Reaktorphysik, Reaktorsicherheit und Systemtechnik ausbilden und forschen.

Mit seinem universitären Engagement will Eon nach Aussage von Vorstandsmitglied Walter Hohlefelder nicht nur ingenieurstechnisches Wissen erhalten, Nachwuchs sichern und bestehende Atomkraftwerke optimieren, sondern auch am Wissenspool neuer Kernkrafttechnologien beteiligt sein. Zwar hat Eon den Atomausstieg unterzeichnet. Aber Hohlefelder machte bei der Präsentation der Stiftung klar, dass Eon „für ein Neubauengagement“ gerüstet sein will, gerade auch „für den Fall, dass Deutschland seine Ausstiegsziele aufgibt“.

Doch die Atomkonzerne haben auch ganz kurzfristige Sorgen, die zu Uni-Investitionen führen: Bis 2010 brauchen sie 1.100 neue Ingenieure für ihre Atomkraftwerke – Ausstieg hin oder her. Keine leichte Aufgabe, nachdem seit 1995 von 35 deutschen Lehrstühlen 12 dichtgemacht haben. TU-Präsident Wolfgang Herrmann freute sich jedenfalls, dass sich seine Uni auch weiterhin intensiv der Kernenergie widmen kann. Kritik gab es nur an der Finanzierungshöhe: „Schön wäre eine Stiftung, die dauerhaft von ihren Zinsen leben kann, dazu wären aber 15 Millionen Euro notwendig.“ Probleme mit dem akademischen Freiheit sieht er trotz des interessengeleiteten Geldgebers nicht: „An der TU gibt es bereits 20 Stiftungslehrstühle und die Devise lautet: Wir nehmen Geld nur an, wenn wir völlig frei darüber verfügen können.“ So sei der künftige Lehrstuhlinhaber ohne jede Beteiligung von Eon ausgesucht worden und auch künftig werde man keine Einmischungen von außen zulassen, so Herrmann.

Die Grünen sehen Eons Engagement an der Universität ambivalent. „Es springt ins Auge, dass wir Know-how zur Absicherung und zum Rückbau brauchen“, meinte Hans-Josef Fell, Sprecher für Energiepolitik in der Bundestagsfraktion. „Und es ist gut, dass die Atomwirtschaft die Finanzierung selbst in die Hand nimmt – andererseits fürchten wir, dass solche Lehrstühle den Weg für neue Entwicklungen bereiten.“ In der Tat schwärmte Professor Macian im Gespräch mit der taz von den Möglichkeiten, die Plutonium und MOX böten. Für Fell ist das eine höchst bedenkliche Haltung: „Wer bei diesen Materialien nicht die immensen Proliferationsgefahren sieht, ist weltfremd.“ MAX HÄGLER