„Wir sind keine Tabaklobbyisten“

Baden-Württembergs FDP-Fraktionschef Noll sieht Ausnahmen bei Qualmverboten als Erfolg der Liberalen: Wo sie mitregieren, soll es weiter Raucherkneipen geben

ULRICH NOLL, 61, ist im Stuttgarter Landtag Chef der FDP, die mit der CDU regiert. Der Zahnarzt raucht Gauloises Blondes Légères.

taz: Herr Noll, in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sollen die Rauchverbote weit weniger streng werden als anderswo. Genau dort, wo die FDP mitregiert. Freuen Sie sich?

Ulrich Noll: Ich hätte mir auch eine bundeseinheitliche Regelung vorstellen können. Aber im Föderalismus muss man das aushalten. Außerdem tragen wir den Kompromiss ja mit: Grundsätzliche Rauchfreiheit der Gastronomie, aber separate Raucherräume werden erlaubt.

Dennoch wollen Sie auch reine Raucherkneipen.

Für uns stellt sich die Frage, was bei Wirten passiert, die gar keinen zweiten Raum haben. Dann sind wir bei der Eckkneipe, die keine Speisen anbietet und wo auch niemand mit der Familie zum Essen hingeht. Denen kann man nicht sagen: Pech gehabt, ihr habt keinen Extraraum. Sie müssen die Option haben, zu entscheiden: Ich mache eine Nichtraucherkneipe, oder ich mache eine Raucherkneipe, die deutlich gekennzeichnet wird. Das ist die Position der FDP. Ich finde, es ist schon ein Erfolg, dass wir das dort eingebracht haben, wo wir mitregieren.

Haben Sie sich mit den Parteifreunden abgesprochen, die in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mitregieren?

Direkte Absprachen gab es nicht. Aber wir haben unabhängig voneinander einen Gleichklang der Länder erreicht, in denen die FDP mitregiert.

Wieso wollen Sie überhaupt Ausnahmen?

Wir nehmen den Nichtraucherschutz sehr ernst im öffentlichen Bereich. Eine Gaststätte ist aber kein Rathaus, sondern ein Ort, wo ein Privatmann einen Betrieb hat und damit die Verantwortung. Wo wir in private Rechte eingreifen, muss ich besonders auf die Verhältnismäßigkeit schauen.

Fürchten Sie nicht, dass Ministerpräsident Günther Oettinger Sie kleinmacht?

Ich fürchte da gar nichts. Ich kenne sehr wohl die Diskussion auch in der CDU-Fraktion. Hier herrscht keine einheitliche Linie, und deshalb dürfte es gar nicht so schwierig werden, einen Kompromiss zu finden.

Der FDP wird immer wieder Nähe zur Zigarettenindustrie vorgeworfen. Parteispenden, Lounges auf Parteitagen: Erklärt das Ihre Haltung?

Die Raucherinseln: NRW und Niedersachsen, beide CDU/FDP regiert, wollen Raucherkneipen erlauben, die sich durch ein „R“ kenntlich machen. Das will auch die in Baden-Württemberg mit der CDU regierende FDP. Weitere R-Sympathisanten: Saarland (CDU) und Sachsen-Anhalt (CDU/SPD). Diskutiert wird, das R an Bedingungen zu knüpfen: Größe und Typ des Lokals – und ob es Angestellte gibt.

Die Rauchverbieter: Die anderen Länder wollen nur qualmfreie Gaststätten, die aber abgetrennte Raucherräume haben dürfen. Laut Berlins Bürgermeister Wowereit gehören dazu alle Länder mit SPD-Regierungschefs: Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern. Zudem Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein, Thüringen. Bayern und Sachsen wollen nur Festzelte ausnehmen. Wowereit forderte gestern gar den Bund auf, doch Einheitlichkeit zu schaffen: übers Arbeitsstättenrecht. Er droht mit einer Bundesratsinitiative. LÖW

Ich habe noch nie eine Spende von einem Tabakhersteller bekommen. Meines Wissens sind Lounges von Zigarettenherstellern auch schon auf anderen Parteitagen vorhanden gewesen. Es sollten sich erst mal alle, die Tabaksubventionen beschließen, fragen, wie glaubwürdig ihre Haltung zum Rauchen ist.

Aber für Raucher und Tabakfirmen sind Sie die letzte Bank.

Ich weise den Vorwurf des Tabaklobbyismus entschieden zurück. Es gibt Kollegen von CDU und SPD, die hinter vorgehaltener Hand genauso sagen: Soll jetzt eigentlich alles verboten werden?

INTERVIEW: GEORG LÖWISCH