Clowns gegen cool

News Corp. und NBC Universal fordern mit eigenem Videodienst YouTube heraus. Wie gefährlich kann dem beliebten Portal die Konkurrenz werden?

VON VOLKER BONACKER

Das Online-Videoportal YouTube soll ernsthafte Konkurrenz bekommen. Vergangene Woche haben die US-Medienriesen News Corp. und NBC Universal den Start einer eigenen Plattform angekündigt. Das noch namenlose Projekt soll im Sommer dieses Jahres online gehen, aber schon jetzt protzt man mit namhaften Partnern: AOL (Time Warner), Yahoo und Microsoft (MSN) sollen die Clips und Filme bereitstellen. Heikel für YouTube: Die unter Jugendlichen überaus beliebte Social-Network-Plattform MySpace gehört zu News Corp. und wird ebenfalls mit dem neuen Angebot zusammenarbeiten.

An Inhalten wird es dem Neuling also nicht mangeln: News Corp. plant, das Portal mit Beiträgen der Fox-Filmstudios zu füllen, die wie der Sender dem erzkonservativen Medienmogul Rupert Murdoch gehören. NBC liefert mit den Universal Studios weiteres Material. Serien wie „Die Simpsons“ und „Borat“ sollen in Verbindung mit Kinofilmen wie „Little Miss Sunshine“ oder „Die Bourne Identität“ dem Konkurrenten den Garaus machen. Finanzieren wird sich der Dienst ausschließlich durch Webeeinnahmen. Hier sind mit Cisco, Intel und General Motors bereits erste Großkunden genannt, weitere dürften aus dem Fundus der TV-Sender kommen. Droht YouTube, das Google im November 2006 für spektakuläre 1,65 Milliarden Dollar gekauft hat, damit auch schon wieder der Niedergang? Oder wächst die Blase „Web 2.0“ noch ein weiteres Mal?

Der Markt gilt als gesättigt

Bemerkenswert ist, dass News Corp. und NBC im TV-Geschäft Konkurrenten sind. Die Bedrohung durch YouTube muss also als so ernst empfunden werden, dass man darüber hinwegsieht, sobald es um das Internet-Geschäft geht. Ausschlaggebend sind wohl die hohen Werbeeinnahmen, die man dem Gegner nicht überlassen möchte. Der Medienriese Viacom (MTV) versucht derzeit, über den klassischen Rechtsweg an die entgangenen Gelder zu gelangen, und verklagt YouTube auf die astronomische Summe von 1 Milliarde US-Dollar wegen Urheberrechtsverletzungen. Auf YouTube sind diverse Clips von Viacom-Sendungen, die User illegal hochgeladen haben, zu sehen – zum Beispiel „Die Simpsons“.

News Corp. und NBC begeben sich dagegen auf ein riskantes Gebiet, denn Experten sehen Wachstumspotenziale eher bei spezialisierten Angeboten. Der Markt für mitgliederstarke Social-Network-Plattformen gilt hingegen als gesättigt – wächst doch unter Usern der Unmut darüber, dass die Medienmultis mit ihren kostenlosen Inhalten gut Geld machen.

Zumindest im kulturellen Bereich der Vernetzung ist der neu entstehende Videodienst klar positioniert: Ein riesiges Angebot an professionellen Inhalten tritt gegen eine Unmenge von Amateurclips an. Letztere gelten als cooler, YouTube ist neben MySpace jenes Angebot, das am häufigsten mit dem Begriff „Web 2.0“ assoziiert wird. Im Bereich des Video-Streaming hat man die mit großem Abstand höchsten Nutzerzahlen. Entsprechend gelassen gibt man sich im Hause Google: Der neue Konkurrent wird bislang nur mit dem Spottnamen „Clown & Co.“ belegt.

Diese Einschätzung könnte sich als richtig erweisen, denn noch ist unklar, ob der neue Videodienst „user generated content“, also Beiträge, die von den Mitgliedern erstellt wurden, ermöglichen wird. Gerade hier liegt aber das Hauptmerkmal des „Web 2.0“: Der Nutzer ist Produzent und Konsument zugleich – und ist dadurch viel enger an das Medium gebunden.

Vom Internet ins TV

Sollte es dem YouTube-Konkurrenten lediglich um Einnahmen gehen, könnte auf anderer Ebene gepunktet werden. Einer kürzlich veröffentlichten Studie des Marktforschungsunternehmens ComScore zufolge liegt die Primetime für den Videokonsum im Netz zwischen fünf und acht Uhr abends. Die Hauptnutzung des Fernsehens findet dagegen zwischen acht und elf Uhr statt. Die neuen Vernetzungswege sind offensichtlich: „Pre Roll“- oder „In Video“-Werbung weist im Internet auf jene Sendungen hin, die im TV abends ausgestrahlt werden – User werden so vom Internet ins Fernsehen weitergeleitet. David Lettermans Late Night Show konnte mit einem ähnlichen Konzept die Einschaltquote um 7 Prozent steigern. Man bot Clips aus der Show noch vor der TV-Ausstrahlung online an – aber nicht auf der sendereigenen Webseite, sondern bei YouTube.

Solche Aktionen, aber auch die kürzlich angekündigte Zusammenarbeit mit der BBC, die auf YouTube ausgewählte Clips aus ihren Programmen zeigen wird, dürften dafür sorgen, dass der Branchenprimus trotz technisch und finanziell besser gestellter Konkurrenten noch einige Zeit Oberhand behalten sollte.