Vorteile liegen auf der Hand
: KOMMENTAR VON KATHARINA KOUFEN

Die gängigen Einwände gegen das Grundeinkommen lauten: Es sei nicht gerecht; es führe zum Sinken der Löhne; das Geld würde mit der Gießkanne verteilt. Mag sein, dass an dieser Kritik etwas dran ist. Aber die Ideallösung – Vollbeschäftigung und zugleich hohe Löhne – ist nicht in Sicht. Jede Sozialpolitik muss da immer zwischen den beiden Polen „hohe Arbeitslosenzahl“ und „Niedriglohnsektor“ lavieren.

Das merkt man am zähen Ringen der großen Koalition um einen Kompromiss beim Thema Mindestlöhne. Denn: Wer an existenzsichernden Löhnen festhält, nimmt in Kauf, dass eine große Zahl von Arbeitslosen auf Dauer staatlich versorgt werden muss. Wer sich für den Ausbau des Niedriglohnsektors einsetzt, muss wissen, dass er damit die Klasse der working poor vergrößert. Wer niedrige Löhne subventioniert, schmeißt damit den Unternehmern Geld hinterher. Wer ganze Jobs vom Staat finanzieren lässt, braucht sich nicht zu wundern, wenn an anderer Stelle Arbeit verschwindet.

Vor diesem Hintergrund bietet das Grundeinkommen eine Menge Vorteile: Es würde Teilzeitjobs favorisieren und damit die vorhandene Arbeit besser umverteilen. Gleichzeitig würde die absurde Situation beseitigt, dass Vollzeitbeschäftigte meist chronisch überarbeitet sind, während andere verzweifelt nach Arbeit suchen. Es würde die Betreuung von Kindern und Alten attraktiver machen. Es würde den zeitweiligen Ausstieg aus dem Beruf ermöglichen. Es würde Dienstleistungen, die heute nur schwarz bezahlt werden, für viele bezahlbar machen und dadurch neue Jobs schaffen. Und es würde all die Steuererleichterungs-, Freibetrags- und Abschreibungsregeln beseitigen, die der Staat in seinem Streben nach Verteilungsgerechtigkeit geschaffen hat.

Schade daher, dass die große Koalition dieser Idee weitgehend ablehnend gegenübersteht. Der Verdacht liegt nahe, dass daran die Lobbygruppen schuld sind, die den beiden Volksparteien nahestehen. Wie könnte die SPD einem System zustimmen, das Errungenschaften der Gewerkschaften einfach abschafft? Wie könnte die Union ihre nächste Kampagne gegen „Arbeitsunwillige“ starten, wenn der Staat demnächst Geld verschenkt!? Eben.