Bürger begehren ihre Klinik

Weil das Klinikum Krefeld Defizite macht, plant die Stadt den Verkauf. Gewerkschafter wollen das mit einen Bürgerbegehren verhindern. Sie fordern eine Kooperation mit dem Klinikum Duisburg

VON DIRK ECKERT

Hans Jürgen Hilgers ist beunruhigt. Sein Unternehmen steht zum Verkauf. „Kein Mensch weiß, wie dann die Arbeitsverhältnisse sind. Und was ist mit dem Tarifvertrag?“, sorgt er sich. Hilgers ist Betriebsratsvorsitzender. Sein Betrieb, das ist das Klinikum in Krefeld. Es ist in städtischer Hand – noch. Denn die Kommune plant den Verkauf des defizitären Hauses.

Anfang Februar hat der Rat der Stadt Krefeld mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen, das 1845 als „Allgemeines Krankenhaus“ gegründete Hospital zu privatisieren. Dagegen regt sich jetzt Protest am Niederrhein: Die Gewerkschaft Verdi plant ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf. Wie die taz aus Gewerkschaftskreisen erfuhr, will Verdi Ende dieser Woche den genauen Wortlaut des Bürgerbegehrens beschließen, mit dem der Verkauf verhindert werden soll.

Die Unterstützung von Hilgers und seinem Betriebsrat haben die Gewerkschafter auf jeden Fall. Dass es im Krefelder Klinikum, das auch Lehrkrankenhaus der Uni Düsseldorf für die Ausbildung von Medizinstudierenden ist, nicht weiter gehen kann wie bisher, weiß Hilgers: Nach Angaben der Stadt verzeichnete das Klinikum im Jahr 2006 einen Fehlbetrag von 14,3 Millionen Euro, 2005 waren es 16,5 Millionen Euro. Trotzdem wäre für Hilgers alles besser als ein Verkauf. Sogar einem schmerzlichen Sanierungskonzept habe der Betriebsrat „in großen Teilen“ bereits zugestimmt, sagt er.

Die Gewerkschafter machen sich nicht nur Sorgen um ihre Arbeitsverträge für den Fall, dass der Eigentümer wechselt. Was ist mit den nicht so profitablen Teilen des Krankenhauses wie der Kinderklinik? Und was ist mit der Notfallversorgung? Werden Obdachlose und Migranten noch behandelt, wenn Gesundheitskonzerne auf Rendite achten? Jürgen Pascha, Gewerkschaftssekretär von Verdi in Krefeld, macht sich da keine Illusionen: „Ein Investor will Rendite sehen.“

Gerade wegen der Patientenversorgung müssen kommunale Krankenhäuser nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi unbedingt erhalten bleiben. „Die übernehmen Aufgaben, die andere nicht übernehmen“, sagt Bernd Tenbensel von Verdi NRW. Auch eine Kirche als Investor kommt für ihn nicht in Frage: Dann dürften Abtreibungen nicht mehr durchgeführt werden und auch die Mitbestimmung sei gefährdet.

Alternativlos ist die Privatisierung nach Ansicht der Verkaufsgegner ohnehin nicht. „Wir favorisieren eine Zusammenarbeit mit Duisburg“, sagt Jürgen Pascha, „die beiden Häuser würden sich hervorragend ergänzen.“ Beide Klinken würden gerade mal 25 Autominuten voneinander entfernt liegen, durch eine gemeinsame Verwaltung könnten Kosten gespart werden.

In Duisburg wird die Kooperation schon länger diskutiert. Dort planen CDU, FDP und Grüne, 49 Prozent des örtlichen Klinikums zu verkaufen. Als Käufer im Gespräch sind die Malteser – ein „Tendenzbetrieb“, kritisieren Gewerkschafter. Abtreibungen dürften dann nicht mehr möglich sein. Laut Gewerkschaft wird auch in Duisburg ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf der Anteile geplant. Das Besondere im Fall Duisburg: Das Klinikum schreibt, anders als das in Krefeld, schwarze Zahlen. Der Aufsichtsrat des Klinikums, die Geschäftsführung, SPD und Verdi sind gegen die Privatisierung, die Sozialdemokraten in Krefeld und Duisburg fordern übereinstimmend die Zusammenarbeit der beiden Kliniken.

Nach Ansicht von Jürgen Pascha ist jedoch Eile geboten, wenn der Verkauf des Krefelder Klinikums noch verhindert werden soll. „Die wollen das Ding möglichst vor der nächsten Kommunalwahl in zwei Jahren loswerden“, fürchtet der Krefelder Gewerkschafter. Er hofft, mit dem Bürgerbegehren und notfalls einem Bürgerentscheid den Verkauf wenigstens bis zum Wahltermin hinauszögern zu können. Dann könnten die Bürger in ordentlichen Wahlen über die Zukunft ihrer Stadt und ihres Klinikums entscheiden.