Reichskriegsflagge über Regensburg

Heute will in Regensburg ein CSU-Mann Kreisvorsitzender werden, der mit Hakenkreuzfahne und SA-Liedern gefeiert haben soll. Die örtliche NPD unterstützt ihn offen, während der Oberbürgermeister der Stadt droht, den Kreisverband zu verlassen

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Die Regenburger CDU droht nach rechts abzudriften. Hintergrund ist das Machtstreben eines Netzwerks junger Politiker rund um den 35-jährigen CSU-Stadtrat Thomas Fürst. Dabei wird er von Rechtsextremisten unterstützt.

Bei den heutigen Wahlen würde sich Fürst am Liebsten zum Vorstand wählen lassen – es wäre der beste Ausgangspunkt für einen Sprung in den Bayerischen Landtag, der im kommenden Herbst gewählt wird. „Sein Jobziel ist wohl Berufspolitiker“, glauben CSU-Insider. Doch es gibt erbitterten Widerstand gegen Fürst: „Sollte er zum Vorsitzenden oder Stellvertreter gewählt werden, werde ich dem Kreisvorstand nicht mehr angehören“, droht etwa Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger, der auch dem Bayerischen Städtetag vorsitzt. Die Angst der Kritiker: Mit Fürst als Vorsitzendem würden die Regensburger Christsozialen einen rechtslastigen Kurs einschlagen.

Anzeichen für eine solche Richtung gibt es mehr als genug. Fürst wird unterstützt von der Regensburger NPD. „Für die Stadt Regensburg und die ganze Region wäre es sehr vorteilhaft, wenn die patriotischen Kräfte innerhalb der CSU gestärkt würden“, meinte der Regensburger NPD-Chef Willi Wiener im Vorfeld der CSU-Kreiswahlen. Wiener stellt auch klar, welches Lager den Patriotismus seiner Couleur am besten vertritt: „Thomas Fürst und seine Gefolgsleute vertreten Standpunkte in der Abtreibungs- und Ausländerthematik, die auch Nationaldemokraten teilen.“ Hintergrund für diese Fürsprache aus dem ganz rechten Lager sind wohl Fürsts Eskapaden als JU-Chef.

Vor neun Jahren hatte er es mit seinen Parteifreunden krachen lassen. Das Regensburger Boulevardblatt Die Woche berichtete damals unter der Überschrift „Schluckspecht unter Naziflagge“ von Trinkgelagen samt Horst-Wessel-Gesängen und Hakenkreuzfahnen. Gegen den Text ging Fürst gerichtlich vor, aber die Verteidigung ging nach hinten los. Vor dem Landgericht sagten Zeugen aus, dass „Porno satt“ im Videorekorder gelaufen sei und dass Fürst beim Aufhängen der Hakenkreuzfahne betrunken umgefallen sei. Nach einer Berufungsverhandlung stellte 1998 schließlich das Oberlandesgericht Nürnberg fest, dass diese Angaben zwar nicht endgültig bewiesen seien, aber doch veröffentlicht werden durften. Kurze Zeit später wurde Fürst in den Vorstand der JU Bayern und auch in den Bundesvorstand der JU Deutschland gewählt – zuständig für die Grundwerte-Kommission. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte als damaliger bayerischer JU-Chef, dass man als Politiker eben mit einer missliebigen Presse leben müsse.

Inzwischen ist Fürst im Stadtrat – aber seine Nachfolger sind ganz auf Linie. So hatte der jetzige Regensburger JU-Chef zwischenzeitlich – fotografisch dokumentiert – eine Reichskriegsflagge in der Wohnung hängen. Die JU-Bayern beschäftigt sich seit einiger Zeit mit den Vorwürfen gegen Fürst. Deren aktueller Chef Manfred Weber stellte in einem Interview klar: „Rechtsextremes Gedankengut hat in der JU nichts verloren.“ Bis zum Frühjahr will er die Vorgänge aufgeklärt haben – gleichzeitig fordert er einen „Aufstand der Anständigen“ gegen seinen Parteifreund Thomas Fürst. In Regensburg gehe es am Samstag „um die Grundlagen unserer Parteiarbeit und unserer politischen Kultur“. Fürst selbst war gestern für Fragen nicht erreichbar. Sein Handy meldete: „Achtung! Es steht kein Platz mehr für die Aufnahme von Sprachnachrichten zur Verfügung.“