Zahl der Analphabeten in China steigt

Halbierung der Analphabetenzahl bis 2015 kaum noch erreichbar. Viele Kinder gehen in Fabriken statt zur Schule

PEKING dpa ■ Die Zahl der Analphabeten in China ist in nur fünf Jahren um über 30 Millionen auf 116 Millionen angestiegen. „Die Situation ist Besorgnis erregend“, sagte Gao Xuegui, der Leiter des Amtes zum Kampf gegen das Analphabetentum im Bildungsministerium nach Angaben der Zeitung China Daily. Vor allem arme Familien in dicht besiedelten ländlichen Gegenden könnten es sich oft nicht leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken, sagte Gao Xuegui. Jugendliche vom Lande würden von ihren Familien eher als Arbeiter in die Städte geschickt, anstatt zur Schule zu gehen. Ein weiterer Grund für den Anstieg sei, dass frühere Kampagnen gegen Analphabetismus so erfolgreich gewesen seien, dass viele Provinzregierungen die dafür zuständigen Abteilungen wieder geschlossen hätten.

Während 1990 noch 15,9 Prozent der über 15-Jährigen Analphabeten waren, war die Rate nach der letzten Volkszählung von 2000 auf 6,7 Prozent gefallen. Der rapide Anstieg seit 2000 bedeute, dass China sein Ziel verfehlen könnte, den Analphabetismus bis 2015 zu halbieren. Um die Abteilungen zur Eindämmung des Analphabetismus wieder einzusetzen, hofft das Bildungsministerium in diesem Jahr auf einen Etat von 10 Millionen Yuan (970.000 Euro), 2 Millionen Yuan (194.000 Euro) mehr als 2006. Darüber hinaus soll Frauen und Angehörigen von Minderheiten der Zugang zu Bildung erleichtert werden.

Ministerpräsident Wen Jiabao hatte auf der letzten Sitzung des Volkskongresses Anfang März versprochen, Familien aus ländlichen Gebieten während der neunjährigen Schulpflicht von den Gebühren zu befreien. Im Jahr 2000 kamen 11,3 Prozent der weltweit gezählten Analphabeten aus der Volksrepublik China. Damit rangierte die Volksrepublik weltweit direkt hinter Indien. 2005 war der Prozentsatz in China sogar auf 15,01 Prozent angestiegen.